„Nie wieder Faschismus!?“ – Zur Psychologie des Autoritarismus
Wie konnten Millionen von Deutschen mit voller Überzeugung die nationalsozialistische Herrschaft und die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden sowie Angehörigen vieler anderer Minderheitengruppen unterstützen? Die Autoritarismusforschung begann mit dem Ziel, die psychologischen Kräfte des Faschismus zu identifizieren, um diesen besser bekämpfen zu können. „Nie wieder Faschismus!“ – dies ist eine Forderung und Herausforderung zugleich. Welche Ansätze hat die Autoritarismusforschung von 1950 bis heute entwickelt, um faschistische und antidemokratische Neigungen sowie Vorurteile und Diskriminierung zu erklären und zu bekämpfen?
Stanley Milgram führte 1961 ein psychologisches Experiment durch, das großes Aufsehen erregte (Milgram, 1974). Er lud Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren dazu ein, an einem Experiment zum Thema Gedächtnis und Lernen teilzunehmen. In Wirklichkeit wollte er herausfinden, wie stark Menschen bereit sind, einer Autorität zu gehorchen. Dazu hatte er ein Lernexperiment entworfen, bei dem die Teilnehmer der Studie die Aufgabe hatten, eine vermeintliche zweite Versuchsperson durch Bestrafung zum Lernen zu motivieren. Die Teilnehmer wurden angewiesen, den Lernenden bei jeder falschen Antwort einen Elektroschock zu verabreichen, dessen Stärke schrittweise zu erhöhen war. Die maximale Schockstärke betrug 450 Volt und wäre in der Realität tödlich gewesen. In den Experimenten war das „Opfer“ der Elektroschocks ein Verbündeter des Versuchsleiters, der nur simulierte, die Elektroschocks zu erhalten. Die Funktion des Versuchsleiters lag vor allem darin, die Versuchspersonen immer wieder verbal zum Weiterführen des Experiments aufzufordern. Überraschenderweise gehorchten im ersten Experiment 26 von 40 Personen (65%) bis zum Ende des Experiments (450 Volt). In Replikationen des Experiments variierte Milgram die Bedingungen, unter denen die Schocks ausgeführt werden sollten. Selbst unter der Bedingung, dass die Versuchspersonen die Hand des „Opfers“ auf die Schockplatte pressen mussten, um weitere Schocks zu verabreichen, gehorchten immer noch 30% bis zum Ende. Die Milgram-Studie ist später in mehreren Staaten ohne grundsätzliche Abweichungen in den Ergebnissen repliziert worden. Vor kurzem organisierte die British Broadcasting Corporation eine Replikation des Experiments (siehe http://www.youtube.com/watch?v=0gPYCRfHg3Q), und im französischen Fernsehen griff eine Quizshow das Format der Studie auf (siehe http://www.youtube.com/watch?v=ezR5BPVx7s8).
Der Ursprung der Autoritarismusforschung
Das Experiment von Milgram belegte, wie stark Menschen bereit sind, Autoritäten zum Schaden anderer Menschen zu folgen. In der Sozialpsychologie beschäftigt sich die Forschung zum Thema Autoritarismus u.a. mit solchen Phänomenen des Gehorsams gegenüber Autoritäten. Während Milgram aber insbesondere daran interessiert war herauszufinden, unter welchen situativen Bedingungen der Gehorsam gegenüber etablierten Autoritäten besonders stark ist, versucht die Autoritarismusforschung u.a. zu erklären, welche Persönlichkeitsmerkmale einen Menschen besonders anfällig dafür machen, Autoritäten bedingungslos zu folgen. Das ursprüngliche Ziel der Autoritarismusforschung war es, vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland, die Empfänglichkeit der Bevölkerung für faschistische und antidemokratische Ideologien zu erklären. Wie war es möglich, dass Millionen von Deutschen die Verfolgung und die Ermordung von Jüdinnen und Juden, Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung, homosexuellen Menschen, politischen Dissidenten und Angehörigen anderer Minderheitengruppen unterstützen? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchten, die psychologischen Kräfte des Faschismus zu identifizieren, damit dieser besser bekämpft werden könne. Ein Ergebnis dieser Bestrebungen war die Theorie der autoritären Persönlichkeit (Adorno, Frenkel-Brunswik, Levinson & Sanford, 1950). Die autoritäre Persönlichkeit wurde als ein in der Gesellschaft weit verbreiteter Sozialtypus aufgefasst, der durch die frühkindliche Sozialisation in der durch patriarchale Familienstrukturen geprägten autoritären Herrschaftsordnung der 1920er und 1930er Jahre entstand. Damit ergaben sich in der Gesellschaft stark verankerte Tendenzen zur bedingungslosen Unterordnung und Konformität gegenüber den herrschenden Autoritäten und zur Unterstützung aggressiver Strafmaßnahmen als Mittel sozialer Kontrolle. Als psychologisches Erklärungsmodell zur Entstehung der autoritären Persönlichkeit wurde die Psychoanalyse herangezogen. Demnach führte eine auf Disziplin und Gehorsam ausgerichtete und straforientierte Erziehung dazu, dass die Kinder ihre Eltern idealisierten und deren Werte und Normen unkritisch übernähmen. An die Stelle der Eltern träten dann im Erwachsenenalter gesellschaftliche Autoritäten. Obwohl das Konzept der autoritären Persönlichkeit und insbesondere die psychoanalytischen Erklärungsansätze stark kritisiert wurden, hatten diese Forschungsarbeiten einen nachhaltigen Einfluss auf spätere Studien zu diesem Thema.
Das Konzept des Autoritarismus aus heutiger Sicht
Autoritarismus wird gegenwärtig zumeist über drei Dimensionen einer generalisierten Einstellung definiert, die sich in konkretem autoritären Verhalten äußern kann: Konventionalismus (Unterstützung etablierter Normen und Regeln der Gesellschaft), autoritäre Unterwerfung (Betonung von Respekt und Gehorsam gegenüber anerkannten gesellschaftlichen Autoritäten) und autoritäre Aggression (Intoleranz und Härte gegenüber Personen und Gruppen, die etablierten Regeln und Normen der Gesellschaft widersprechen und die als Aggressionsziele „gebrandmarkt“ sind) (Altemeyer, 1996). „Schlankere“ Definitionen betonen, dass diesen drei Dimensionen die Neigung gemeinsam ist, persönliche Bedürfnisse und Interessen den (An-)Forderungen anerkannter Autoritäten einer Gesellschaft unterzuordnen (Duckitt, 1989) bzw. in Bezug auf den fundamentalen Widerspruch zwischen Individuum und Gesellschaft sozialer Konformität einen höheren Wert beizumessen als individueller Freiheit (Feldman, 2000). In diesen Ansätzen wird deutlich, dass Autoritarismus noch mehr bedeutet als nur der Gehorsam gegenüber einer Autorität. Autoritarismus bedeutet auch, dass die Werte und Normen, die anerkannte Autoritäten repräsentieren, übernommen und nötigenfalls aggressiv verteidigt werden.
Die klassischen Ansätze der Autoritarismusforschung haben insbesondere politisch rechtsgerichteten Autoritarismus untersucht, der sich auf die Gesellschaft insgesamt bezieht. Autoritarismus kann aber auch innerhalb sozialer Gruppen beobachtet werden, die nicht zwangsläufig politisch rechtsgerichtet sein müssen. Autoritarismus in entsprechenden gruppenbezogenen Ansätzen bezieht sich dann auf die Neigung, etablierte Gruppennormen zu unterstützen, Führungspersonen einer Gruppe unkritisch zu folgen und Intoleranz und Härte gegenüber Abweichlerinnen und Abweichlern von der Gruppennorm zu zeigen. So zeigte Stellmacher (2004) z.B. anhand einer Studie zur deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg 1999, dass Autoritarismusneigungen auch bei Wählerinnen und Wählern von Bündnis90/Die Grünen aktiviert werden können. Für Deutschland war die Beteiligung an dem Krieg gegen Jugoslawien unter Führung der Rot-Grünen-Regierung Schröders ein neuer qualitativer Schritt in der Sicherheitspolitik. Es war das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg, dass sich Deutschland mit militärischen Mitteln aktiv an einem Krieg beteiligte. Die Teilnahme an dem Krieg wurde von Teilen der Öffentlichkeit stark kritisiert. Viele Personen, die vormals Bündnis90/Die Grünen gewählt hatten, kamen in einen Gewissenskonflikt, weil die Teilnahme an dem Krieg gegen frühere Grundsätze der Partei verstieß. Innerhalb der Anhängerschaft von Bündnis90/Die Grünen war ein polarisierender Prozess zu erkennen, der entweder durch starke autoritäre Loyalitätsforderungen an die eigenen Mitglieder der eigenen Partei ( Autoritarismus) oder durch eine Abwendung von der Partei gekennzeichnet war.
Auch heute wird Autoritarismus als wichtiges persönlichkeitsorientiertes Konzept zur Erklärung von antidemokratischen Einstellungen und Diskriminierung betrachtet (Altemeyer, 1996; Petzel, 2009). Eine Vielzahl von Studien belegen, dass Phänomene wie z.B. ethnische Diskriminierung, Forderungen nach stärkeren Überwachungsmaßnahmen und Einschränkungen von Menschenrechten sowie die Ablehnung von Einwanderung mit Autoritarismus zusammenhängen. Eine bislang noch strittige Frage ist allerdings, wie Autoritarismus entsteht. Hierzu gibt es diverse Anschauungen. Wir unterscheiden im Folgenden zwischen der Entstehung autoritärer Dispositionen bzw. Neigungen ( Autoritarismus als Persönlichkeitsmerkmal) und der Entstehung autoritärer Reaktionen bzw. Verhaltensweisen ( Autoritarismus als Prozess). Abschließend diskutieren wir, was getan werden kann, um das Phänomen des Autoritarismus im Zaum zu halten.
Die Entstehung autoritärer Neigungen
Zur Entstehung autoritärer Neigungen bestehen verschiedene Erklärungsansätze. Wie oben bereits geschildert, betonen die ursprünglichen Ansätze in der Autoritarismusforschung psychoanalytische bzw. psychodynamische Prozesse in der frühen Kindheit (vgl. Adorno et al., 1950). Nachfolgende Ansätze fokussieren eher auf lern- oder sozialisationstheoretische Erklärungen. So rühren autoritäre Neigungen nach Oesterreich (2005) daher, dass Heranwachsende in nur unzureichendem Maße Fähigkeiten erworben haben, konstruktiv mit Krisensituationen umzugehen. Z.B. aufgrund einer überbehüteten Erziehung blieben sie in der (in der Kindheit entwickelten und dort angemessenen) Gewohnheit verhaftet, bei Krisen mit einer Flucht in Schutz und Sicherheit bietende Instanzen (v.a. Eltern) zu reagieren. Nach Altemeyer (1996) bildet sich Autoritarismus im Jugendalter aus, wenn Jugendliche sich von den Eltern ablösen und eigene Weltanschauungen entwickeln. Eine besondere Rolle spielten hierbei Freundschaften mit ähnlich gesinnten Gleichaltrigen in der Schule und in der Freizeit, und ungenügende Kontakte mit Diversität. In ähnlicher Weise betont Feldman (2000) Erfahrungen in der Ausbildung, mit Medien, in der Freizeit, am Arbeitsplatz usw. im Jugend- und Erwachsenenalter.
Ein anderer Ansatz führt gruppenpsychologische Erklärungen an. Demnach verstärken sich in Bedrohungssituationen autoritäre Forderungen an die Mitglieder der eigenen Gesellschaft bzw. sozialen Gruppe. Durch einen starken Gruppenzusammenhalt sollen diese Bedrohungsgefühle dann minimiert werden (Duckitt, 1989).
In der jüngeren Forschung werden diese Ansätze in komplexere Modelle integriert (z.B. Petzel, 2009). Demnach liegen autoritären Neigungen allgemeinere Werthaltungen (kollektive Sicherheit, soziale Konformität) und Weltbilder (die Welt als Ort voller Gefahren) sowie Identifikationen mit Gruppen zugrunde, die wiederum z.T. auf Persönlichkeitsmerkmalen basieren (v.a. einfache, rigide und dogmatische Denkstrukturen). Solche Zusammenhänge wurden in längsschnittlichen Studien bestätigt, d.h. Persönlichkeitsmerkmale sagen Veränderungen in Werthaltungen und Weltbildern vorher, und Werthaltungen und Weltbilder sagen Veränderungen in generalisierten autoritären Einstellungen vorher (Sibley & Duckitt, 2013; ein umgekehrter Effekt von Autoritarismus auf ein Bild der Welt als bedrohlicher Ort bestand hier auch). All diese Merkmale hängen u.a. von den obengenannten verschiedenen Lern- bzw. Sozialisationsfaktoren im Kindes-, Jugendlichen- und Erwachsenenalter ab. Besonders bedeutsam scheinen politische, wirtschaftliche und kulturelle Bedrohungen zu sein, wie sie auf gesellschaftlicher Ebene z.B. in den Medien konstruiert werden.
Die Umsetzung in autoritäres Verhalten
Autoritäre Neigungen an sich stellen nicht unbedingt ein Problem dar. Autoritäre Neigungen können jedoch in bestimmten Situationen aktiviert werden, und dann äußern sie sich in intolerantem, antidemokratischem oder diskriminierendem Verhalten (Petzel, 2009). Es gibt also bestimmte Auslöser, die die autoritären „schlafenden Wachhunde“ wecken und zum „Beißen“ bringen. Eindrücklich zeigten dies z.B. die Auswirkungen der Anschläge vom 11. September 2001 auf das World-Trade-Center in New York. Während der damalige Präsident der USA, Georg W. Bush, vor den Anschlägen innenpolitisch Probleme hatte, seine Politik durchzusetzen, veränderte sich diese Situation nach den Anschlägen dramatisch. Innenpolitisch hatte Bush nach den Anschlägen nun eine breite Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus und bekam auch die Zustimmung zur Durchführung von Kriegen in Afghanistan und dem Irak. Innenpolitische Maßnahmen wie strengere Sicherheitskontrollen und Einreisebedingungen sowie Einschränkungen der Bürgerrechte durch den Patriot Act I wurden schnell und ohne größere öffentliche Auseinandersetzung verabschiedet. Gleichzeitig erreichte Bush in Umfragen die höchsten Zustimmungswerte, die jemals in den Vereinigten Staaten gemessen wurden. Aus Sicht der Autoritarismusforschung könnte angenommen werden, dass die infolge der Anschläge wahrgenommene Bedrohung dazu führte, dass in der Bevölkerung vorhandene autoritäre Dispositionen aktiviert wurden und zu veränderten offenen Einstellungen und Zustimmungsverhalten in der Bevölkerung führten. Dies wirft die Frage auf, durch welche Faktoren autoritäre Dispositionen aktiviert werden können.
Als Auslöser für die Aktivierung autoritärer Neigungen wirken verschiedene Faktoren. Erstens sind dies direkte Anweisungen durch Autoritäten oder vorherrschende Normen, die autoritäres Verhalten legitimieren. Petersen und Dietz (2000) zeigten dies z.B. in Bezug auf ethnische Diskriminierung in einem Experiment zur Personalauswahl: Westdeutsche Personen mit autoritären Neigungen (nicht aber nicht-autoritär geneigte Personen) diskriminierten gegen ostdeutsche Bewerber/innen, wenn sie dazu angewiesen worden waren. Eine zweite Art von Auslösern sind verschiedene Arten wahrgenommener Bedrohungen der Gesellschaft oder der sozialen Gruppe, der man angehört (Stellmacher, 2004). Solche Bedrohungen können sich z.B. auf Werte und Normen (z.B. durch Einwanderung) oder auf die Sicherheit und Stabilität bestehender Gesellschaftsstrukturen (z.B. durch ökonomische Krisen oder Kriminalität) beziehen. So zeigten Cohrs und Stelzl (2010) in einer ländervergleichenden Metaanalyse, dass Autoritarismus negative Reaktionen gegenüber Immigrantinnen und Immigranten besonders in solchen Ländern vorhersagt, in denen Einwanderung mit zunehmender Kriminalität und mit fehlendem wirtschaftlichen Nutzen assoziiert werden. Eine dritte Kategorie von Auslösern autoritärer Reaktionen sind wahrgenommene Bedrohungen der individuellen Sicherheit und Existenz. So zeigten z.B. Cohrs, Kielmann, Maes und Moschner (2005), dass Menschen mit stärker ausgeprägten autoritären Neigungen (nicht aber nicht-autoritär geneigte) stärkere Überwachungsmaßnahmen befürworteten, je stärker sie sich persönlich durch Terrorismus bedroht fühlten.
Die Reduktion von Autoritarismus
Um die intoleranten und aggressiven Auswirkungen von Autoritarismus zu reduzieren, gibt es verschiedene Strategien. Grundsätzlich sollte dabei bedacht werden, dass Autoritarismus vermutlich durchaus positive Funktionen für Individuen (psychisches Wohlbefinden; Van Hiel & De Clercq, 2009) und für Gesellschaften (Kooperation in großen Gruppen; Kessler & Cohrs, 2008) haben kann. Wenn Autoritarismus reduziert werden soll, müssen diese Funktionen daher wohl auf anderem Wege erfüllt werden.
Eine erste Strategie besteht darin, eine direkte Reduzierung individueller autoritärer Dispositionen anzustreben. Die Strategie setzt daran an, dass autoritäre Neigungen aus Bedrohungswahrnehmungen, rigiden Denkstrukturen, sicherheitsbezogenen Werthaltungen und der Unfähigkeit resultieren, eigenständig und konstruktiv auf Krisen zu reagieren. Entsprechend könnte man versuchen, z.B. im Rahmen des Schulunterrichts, Menschen zu kritischer Reflektion ihrer Welthaltungen und eigenständigem Denken anzuregen. Ebenso sollten Selbstwirksamkeitserwartungen und verwandte Fähigkeiten zum Umgang mit Unsicherheit und Ungewissheit gestärkt werden. Einen wichtigen Stellenwert könnte hier die Menschenrechtsbildung oder Trainings zur Förderung moralischer Urteilsfähigkeit einnehmen. Eine zweite, indirektere Strategie wären Elterntrainings, mit dem Ziel der Verbesserung sozialer und erzieherischer Kompetenzen im Sinne eines autoritativen, aber nicht autoritären Erziehungsstils. Ein autoritativer Erziehungsstil ist durch Wertschätzung und liebevollen Umgang mit Kindern und Jugendlichen gekennzeichnet, vermittelt aber gleichzeitig Orientierung durch klare Grenzsetzungen und soll so zu einer sicheren Bindung zu den Eltern führen. Ein sicherer Bindungsstil wird in der Literatur als Schutzfaktor für die Entwicklung von Autoritarismusneigungen diskutiert. Eine dritte Strategie würde an den sozialen und kulturellen Faktoren ansetzen, die zur Entstehung und Aktivierung von Autoritarismus beitragen. Dazu gehören z.B. Mediendiskurse und politische Debatten, die Bedrohungen der Sicherheit und Ordnung suggerieren und gesellschaftliche Werte und Normen prägen, die Konformität und Sicherheitsdenken betonen. Hierbei sind letztlich viele verschiedene gesellschaftliche Akteure gefragt, die auf politische, wirtschaftliche und rechtliche Strukturen Einfluss nehmen können.
Eine besondere Rolle bei der Reduzierung von Autoritarismusneigungen kommt der Herstellung von Kontaktmöglichkeiten mit fremden Lebenswelten zu. Autoritarismusneigungen können effektiv reduziert werden, wenn Strukturen geschaffen werden, die es autoritär veranlagten Menschen leicht machen, in positiven Kontakt mit unterschiedlichen, anders gesinnten Menschen zu treten (z.B. Hodson, 2011). Solcher Kontakt kann Bedrohungsgefühle reduzieren und Empathie und Vertrauen fördern. Schulen mögen wiederum besonders geeignet dafür sein, entsprechende Bedingungen herzustellen.
Fazit: „Nie wieder Faschismus!?“
Wenngleich Autoritarismus heutzutage in weniger extremer Form daherkommt als während des Nationalsozialismus, sollte klar geworden sein, dass das Phänomen nicht einfach ausgestorben ist. Die Unterscheidung zwischen autoritären Neigungen und deren Aktivierung kann so interpretiert werden, dass nach wie vor „schlafende Hunde“ unter uns und in uns sind, die durch extremere gesellschaftliche Bedingungen „geweckt“ werden können. Die Reduktion von Autoritarismus ist daher ein nach wie vor wichtiges Ziel pro-demokratischer Bildung.
Bibliographie
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