Psychotherapie auf Ecstasy
Ecstasy und MDMA sind hauptsächlich als illegale Partydrogen bekannt. Doch inzwischen gibt es einige Studien, die darauf hinweisen, dass MDMA auch die Psychotherapie von Traumastörungen positiv unterstützen kann.
3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (kurz MDMA), die Hauptzutat von Ecstasy, hat den Ruf, ausschließlich für eine Sache verwendet zu werden: wildes Feiern auf Partys mit elektronischer Musik. Vielen Konsumierenden und Nicht-Konsumierenden ist jedoch nicht bewusst, dass MDMA auch eine enge Verbindung zu einem deutlich ruhigeren Setting hat – der Psychotherapie. Die ersten Berichte vom MDMA-Freizeitgebrauch kamen Anfang der 70er Jahre in den USA auf, woraufhin der therapeutische Gebrauch schnell folgte. Von 1977 – 1985 wurde MDMA in den USA zur Begleitung psychotherapeutischer Sitzungen eingesetzt (für eine umfangreiche Übersicht über die frühere MDMA-Therapie vgl. Passie (2018)).
Nachdem 1985 der Einsatz (und Privatkonsum) von MDMA verboten wurde, haben sich der Freizeitgebrauch und die therapeutische Anwendung in den Untergrund verschoben. In den letzten 10 Jahren ist das Interesse an MDMA jedoch erneut aufgeflammt – hauptsächlich im Zuge der Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Mehrere Studien haben gezeigt, dass MDMA als Begleitung von psychotherapeutischen Sitzungen sicher, gut verträglich und erfolgreich darin ist, PTBS-Symptome zu reduzieren (Mithoefer et al., 2018; Oehen et al., 2013; Ot’alora G et al., 2018). Die Behandlung beinhaltet zwei Vorbereitungssitzungen, zwei MDMA-gestützte therapeutische Sitzungen und mehrere psychotherapeutische Sitzungen zur Nachbereitung und Integration der MDMA-Erfahrung (für den Gesamtablauf vgl. Ruse et al. (2008)). Diese ersten Studien der MDMA-Behandlung deuten darauf hin, dass PTBS-Symptome akut und auch langfristig durch diese Methode reduziert werden können (Jerome et al., 2020).
Hier ist hervorzuheben, dass der Gebrauch von MDMA ohne die traumainformierte Psychotherapie, die zur Vorbereitung, Nachbereitung und Begleitung der MDMA-Sitzungen verwendet wird, auch negative Folgen haben kann (Parrott, 2014; Sessa et al., 2019). Die Verwendung von MDMA führt wie viele traumafokussierte Therapien anfangs oft zur Verstärkung der PTBS-Symptomatik und ohne eine adäquate therapeutische Unterstützung kann sich somit der Krankheitsverlauf deutlich verschlechtern (Sessa et al., 2019). Außerdem ist nicht nur die verwendete Psychotherapie wichtig für den therapeutischen Erfolg, sondern auch der Fakt, dass das verwendete MDMA mit höchstem Reinheitsgrad hergestellt wird und somit wenig mit den Pulvern zu tun hat, die auf dem Schwarzmarkt verfügbar und häufig mit anderen psychotropen Substanzen gestreckt sind (European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction., 2016). Es ist also von einer Selbstmedikation im allerhöchsten Maße abzuraten, da der Einsatz von reinem MDMA zur Unterstützung einer besonderen psychotherapeutischen Behandlung für eine spezifische Störung wenig bis gar nichts mit dem Freizeitgebrauch zu tun hat.
Es ist also von einer Selbstmedikation im allerhöchsten Maße abzuraten, da der Einsatz von reinem MDMA zur Unterstützung einer besonderen psychotherapeutischen Behandlung für eine spezifische Störung wenig bis gar nichts mit dem Freizeitgebrauch zu tun hat.
Alles in allem ist noch eine gewisse Zurückhaltung geboten, auch wenn die ersten Ergebnisse vielversprechend wirken. Die bisher veröffentlichten Studien sind alle Phase-II-Studien, d.h. es wurde nur darauf abgezielt, zu zeigen, ob die Intervention – in diesem Fall MDMA-gestützte Psychotherapie – überhaupt einen Effekt hat. Die wichtigen randomisierten, klinischen Phase-III-Studien bezüglich MDMA-gestützter Psychotherapie laufen jedoch gerade erst an. Geplant sind Phase-III-Studien in den USA und Israel (https://maps.org/research/mdma/ptsd/phase3) sowie in Tschechien, den Niederlanden, Norwegen, Portugal und Wales (https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04030169). Erst dann, wenn diese placebokontrollierten Studien auch Erfolge zeigen, kann MDMA-gestützte Therapie für PTBS als klinisch wertvoll angesehen werden. Bis dahin bieten die Ergebnisse nur vorläufige, wenn auch vielversprechende Hinweise auf das klinische Potential dieser Substanz.
Quellen:
European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction. (2016). Recent changes in Europe’s MDMA/ecstasy market: Results from an EMCDDA trendspotter study, April 2016. Publications Office. https://data.europa.eu/doi/10.2810/817237
Jerome, L., Feduccia, A. A., Wang, J. B., Hamilton, S., Yazar-Klosinski, B., Emerson, A., Mithoefer, M. C., & Doblin, R. (2020). Long-term follow-up outcomes of MDMA-assisted psychotherapy for treatment of PTSD: A longitudinal pooled analysis of six phase 2 trials. Psychopharmacology, 237(8), 2485–2497. https://doi.org/10.1007/s00213-020-05548-2
Mithoefer, M. C., Mithoefer, A. T., Feduccia, A. A., Jerome, L., Wagner, M., Wymer, J., Holland, J., Hamilton, S., Yazar-Klosinski, B., Emerson, A., & Doblin, R. (2018). 3,4-methylenedioxymethamphetamine (MDMA)-assisted psychotherapy for post-traumatic stress disorder in military veterans, firefighters, and police officers: A randomised, double-blind, dose-response, phase 2 clinical trial. The Lancet. Psychiatry, 5(6), 486–497. https://doi.org/10.1016/S2215-0366(18)30135-4
Oehen, P., Traber, R., Widmer, V., & Schnyder, U. (2013). A randomized, controlled pilot study of MDMA (± 3,4-Methylenedioxymethamphetamine)-assisted psychotherapy for treatment of resistant, chronic post-traumatic stress disorder (PTSD). Journal of Psychopharmacology (Oxford, England), 27(1), 40–52. https://doi.org/10.1177/0269881112464827
Ot’alora G, M., Grigsby, J., Poulter, B., Van Derveer, J. W., Giron, S. G., Jerome, L., Feduccia, A. A., Hamilton, S., Yazar-Klosinski, B., Emerson, A., Mithoefer, M. C., & Doblin, R. (2018). 3,4-Methylenedioxymethamphetamine-assisted psychotherapy for treatment of chronic posttraumatic stress disorder: A randomized phase 2 controlled trial. Journal of Psychopharmacology (Oxford, England), 32(12), 1295–1307. https://doi.org/10.1177/0269881118806297
Parrott, A. C. (2014). The potential dangers of using MDMA for psychotherapy. Journal of Psychoactive Drugs, 46(1), 37–43. https://doi.org/10.1080/02791072.2014.873690
Passie, T. (2018). The early use of MDMA (‘Ecstasy’) in psychotherapy (1977–1985). Drug Science, Policy and Law, 4, 2050324518767442. https://doi.org/10.1177/2050324518767442
Ruse, J. M., Jerome, L., Mithoefer, M. C., Doblin, R., & Gibson, E. (2008). MDMA-assisted psychotherapy for the treatment of posttraumatic stress disorder (p. 52). https://maps.org/research-archive/mdma/mt1_docs/mdma_assisted_therapy_ma...
Sessa, B., Higbed, L., & Nutt, D. (2019). A Review of 3,4-methylenedioxymethamphetamine (MDMA)-assisted psychotherapy. Frontiers in Psychiatry, 10. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2019.00138
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