Schönheit liegt im Auge der betrachtenden Person – und in der Bildbearbeitung
Perfekte Menschen, so weit der Feed reicht: Unrealistische Schönheitsideale überfluten Social-Media-Plattformen wie Instagram – oft mit negativen Folgen für die FollowerInnen. Deswegen lassen immer mehr InfluencerInnen nun die perfekte Hülle fallen und zeigen: Instagram ist nicht gleich Reality. Kann das zu einem positiveren Körpergefühl der UserInnen beitragen?
Instagram bietet seinen UserInnen viel Material für aufwärtsgerichtete soziale Vergleiche. InfluencerInnen zeigen ihr scheinbar alltägliches und dennoch perfekt inszeniertes Leben. Mit diesem Trugbild als Vergleichsstandard im Kopf betrachten viele junge Menschen sich selbst und ihr eigenes Leben mit anderen Augen. Viele Forschungsergebnisse der letzten Jahre weisen darauf hin, dass der ständige Aufwärtsvergleich dem Körperbild junger Frauen (und auch Männer) schadet. Intensive Instagram-Nutzung geht etwa mit depressiven Symptomen, einem negativen Selbstwertgefühl und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper einher. Insbesondere das Betrachten von Beauty- und Fitnessbildern (im Vergleich zu Reisebildern) kann dazu führen, dass Frauen sich für weniger attraktiv halten und ängstlicher, depressiver und weniger zufrieden mit ihrem Körper sind (Sherlock & Wagstaff, 2019).
Könnte es da nicht vielleicht hilfreich sein, wenn unter einem „perfekten“ Foto darauf hingewiesen wird, dass dieses nicht der Realität entspricht? Sogenannte „Disclaimer”-Unterschriften beinhalten zum Beispiel Informationen darüber, dass das Foto digital bearbeitet wurde, oder die Influencerin gibt in den Disclaimern zu, dass sie selbst lange gebraucht hätte, sich so perfekt zu stylen. Trotz guter Absichten erzielen solche Disclaimer jedoch leider nicht den gewünschten Effekt – ganz im Gegenteil: Disclaimer können sogar den Vergleich mit anderen fördern und schlussendlich die negativen Effekte auf das Körperbild von Frauen noch verstärken, wie eine aktuelle Metaanalyse zeigt (Danthinne et al., 2020).
Die unerträgliche Leichtigkeit des Scheins: Nicht nur in der Forschung, sondern auch auf Instagram ist dieses Problem ein Thema. Deshalb haben sich einige InfluencerInnen einer Gegenbewegung angeschlossen – „Instagram vs. Reality”. Sie posten zwei Bilder nebeneinander: eines entsprechend der gängigen Instagram-Perfektion in schmeichelnder Pose und mit passender Belichtung – daneben ein Abbild der Realität im gleichen Kontext, doch mit einem kleinen Speckröllchen hier und ein wenig Orangenhaut dort. Ehrlich statt nur inszeniert. Schön makelhaft statt makellos schön. Ein Ansatz, dessen positive Wirkung auch die Forschung bestätigen kann: Einer Studie von Tiggemann und Anderberg (2020) zufolge sind Frauen, die solche Vergleichsbilder statt der „perfekten“ Fotos sehen, zufriedener mit ihrem Körper.
Statt darauf hinzuweisen, dass vieles gefaket ist, sollte in den Medien also eher eine größere Bandbreite von Menschen und körperlichen Darstellungen präsentiert werden. Die Scheinwerfer auf sozialen Netzwerkseiten sollten umgerichtet werden: weg von überholten Schönheitsidealen und scheinbarer Perfektion, hin zu mehr Authentizität und „Realness“.
Quellen:
Danthinne, E. S., Giorgianni, F. E., & Rodgers, R. F. (2020). Labels to prevent the detrimental effects of media on body image: A systematic review and meta‐analysis. International Journal of Eating Disorders, 53, 647– 661. https://doi.org/10.1002/eat.23242
Sherlock, M., & Wagstaff, D. L. (2019). Exploring the relationship between frequency of Instagram use, exposure to idealized images, and psychological well-being in women. Psychology of Popular Media Culture, 8(4), 482–490. https://doi.org/10.1037/ppm0000182
Tiggemann, M., & Anderberg, I. (2020). Social media is not real: The effect of ‘Instagram vs reality’ images on women’s social comparison and body image. New Media & Society, 22, 2183-2199. https://doi.org/10.1177/1461444819888720
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