Abgase sorgen für dicke Luft
Luftverschmutzung ist nicht nur schädlich für die Gesundheit – sie führt auch zu mehr kriminellen und anderen unmoralischen Verhaltensweisen.
Die Luft in Beijing (China) einzuatmen, kommt etwa dem Konsum von 40 Zigaretten pro Tag gleich (‘Mapping the Invisible Scourge’, 2015). Luftverschmutzung tötet weltweit etwa sieben Millionen Menschen pro Jahr (WHO, n.d.) und ist in Indien mit über 1,6 Millionen Todesfällen sogar die führende Todesursache (‘Breathe Uneasy’, 2015).
Als ob das nicht Unheil genug wäre, schürt schlechte Luft auch kriminelles und unmoralisches Verhalten. Forschende aus den USA haben für einen Zeitraum von neun Jahren in über 9.000 amerikanischen Städten den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und verschiedenen gesetzeswidrigen Handlungen untersucht (Lu et al., 2018). Dabei zeigte sich, dass mit zunehmender Luftverschmutzung die Häufigkeit aller untersuchten Verbrechensarten stieg (z. B. Diebstahl, Raubüberfall, Vergewaltigung, Körperverletzung). Dieser Zusammenhang blieb auch bestehen, als die Forschenden den Einfluss anderer möglicher Erklärungen berücksichtigten (z. B. Bevölkerungszahl, Altersstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Arbeitslosenquote).
In drei Experimenten haben die Forschenden weitere Belege dafür gefunden, dass Unterschiede in der Luftqualität beeinflussen könnten, wie (un)moralisch sich Menschen verhalten. Eine mögliche Erklärung wurde ebenfalls gefunden: Luftverschmutzung löst Angst aus, auf welche Menschen unangemessen reagieren (Lu et al., 2018).
Abschließend soll mit zwei kritischen Kommentaren dem hohen Unterhaltungswert dieser Studie die Frage nach der Alltagsrelevanz gegenübergestellt werden: Erstens sind die gefundenen Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und den Kriminalstatistiken zwar statistisch signifikant, aber extrem klein: Von den im ersten Teil untersuchten Verbrechenshäufigkeiten lässt sich ein sehr großer Anteil (ca. 99,8%) nicht durch Luftverschmutzung erklären. Zweitens wurde Luftverschmutzung in den nachfolgenden Experimenten aus nachvollziehbaren Gründen (z. B. schädliche Wirkung) nur mit Fotos manipuliert. Es ist dementsprechend unklar, inwiefern sich die Ergebnisse auf die Wirkung tatsächlicher Luftverschmutzung übertragen lassen.
Quellen:
Breathe uneasy. (2015, 5. Februar). The Economist. https://www.economist.com/asia/2015/02/05/breathe-uneasy
Lu, J. G., Lee, J. J., Gino, F., & Galinsky, A. D. (2018). Polluted morality: Air pollution predicts criminal activity and unethical behavior. Psychological Science, 29(3), 340–355. https://doi.org/10.1177/0956797617735807
Mapping the invisible scourge. (2015, 15. August). The Economist. https://www.economist.com/china/2015/08/15/mapping-the-invisible-scourge
WHO. (ohne Jahresangabe). Air pollution. https://www.who.int/westernpacific/health-topics/air-pollution
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