Das In-Mind WM-Special: „Haha“ — Schadenfreude im Fußball
Schadenfreude ist eigentlich unverschämt, wird von Fans im Fußball allerdings trotzdem offen ausgedrückt. Studien stützen, dass Schadenfreude Ausdruck der gefühlten Unterlegenheit des eigenen Teams ist und gegenüber rivalisierenden Teams ausdrückt wird, weil deren Erfolge als unverdient wahrgenommen werden.
Die Fußballweltmeisterschaft ist hochemotional. Teammitglieder sind stolz auf ihre Siege, voller Erleichterung nach dem Erfolg gegen den Außenseiter oder ausgelassen im Angesicht des Triumphs. Fans feiern fröhlich ein Sommermärchen, bewundern ihre Stars oder staunen über einen atemberaubenden Fallrückzieher. Eine bestimmte Emotion ist dabei des einen Freud und des anderen Leid — Schadenfreude. Obwohl es unmoralisch ist, sich über das Unglück anderer lustig zu machen, wird Schadenfreude typischerweise offen ausgedrückt. Wie kommt es zu Schadenfreude und warum wird es trotz seiner Unverschämtheit toleriert?
Schadenfreude im Sport tritt hauptsächlich in Situationen auf, in denen Mannschaften im Wettbewerb miteinander stehen. Dabei lachen Fans mehr über Niederlagen rivalisierender Teams, die dem eigenen überlegen scheinen, als über Teams, die viel schlechter sind. Eine besondere Rivalität im Fußball ist dabei die zwischen den Niederlanden und Deutschland. Diese wurde mit niederländischen Studierenden im Anschluss an die WM 1998 untersucht (Leach, Spears, Branscombe, & Doosje, 2003). Ihre Schadenfreude über die Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen Kroatien war stärker, wenn sie zuvor daran erinnert wurden, wie selten die niederländische Mannschaft bei Turnieren erfolgreich war, oder wenn sie an ihre Niederlage gegen Brasilien im Halbfinale dachten. Interessanterweise trat dies v.a. bei Personen auf, die sich weniger für Fußball begeisterten. Ausgesprochene Fans waren immer schadenfroh.
Bei der EM 2000 schied Deutschland bereits in der Vorrunde aus und die Niederlande unterlag Italien im Halbfinale. Im Zuge dessen wurde die Studie mit niederländischen Studierenden wiederholt. Nach einer Aufforderung, direkt und offen zu antworten, waren Fans mit geringerem Fußballinteresse wiederum schadenfroher über das Aus der deutschen Nationalmannschaft, wenn sie an die Niederlage des niederländischen Teams erinnert wurden. Die Erinnerung an die Niederlage gegen Italien führte jedoch zu weniger Häme über das verlorene Finale der italienischen Mannschaft, weil diese von den niederländischen Fans als verdientermaßen besser wahrgenommen wurde.
Schadenfreude ist also ein Zeichen eigener Schwäche und drückt sich in einer breiten Masse von Leuten aus. Sie wird akzeptiert, wenn Fans denken, dass das rivalisierende Team es verdient hat, zu verlieren. Schätzen sie die andere Mannschaft als verdientermaßen besser ein, so ist ihre Schadenfreude geringer. Nach den Vorkommnissen bei der WM 1998 und der EM 2000 ist es vielleicht an uns, darüber zu lachen, dass die niederländische Mannschaft die WM verpassen wird. In diesem Sinne — „Haha“!
Literaturverzeichnis
Leach, C. W., Spears, R., Branscombe, N. R., & Doosje, B. (2003). Malicious pleasure: Schadenfreude at the suffering of another group. Journal of Personality and Social Psychology, 84, 932–943. http://doi.org/10.1037/0022-3514.84.5.932
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Bild 1: manzke-freigeist via pixabay , CC
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