Die Kunst des Singleseins: Faktoren, die zu einem glücklichen Singleleben beitragen
Singlesein wird oft mit Einsamkeit und Unzufriedenheit in Verbindung gebracht. Doch die Realität sieht vielfältiger aus, als dieses Stereotyp vermuten lässt: Innerhalb der Gruppe der Singles gibt es erhebliche Unterschiede – einige sind glücklich, andere kämpfen mit Unzufriedenheiten, während wiederum andere scheinbar unberührt bleiben. Woran liegt das?
Wer gerade single ist oder es einmal war, kennt das nur allzu gut: Mitleidige Blicke und gut gemeinte Ratschläge wie „Du findest schon noch den Richtigen“ oder „Warte nur ab – die richtige Person kommt, wenn du es am wenigsten erwartest“. Oft wird automatisch angenommen, dass Singles einsam und unglücklich sind, sehnsüchtig nach einer Beziehung suchen. Aber ist das wirklich so?
Studien zeigen oft, dass es Personen in Partnerschaften tendenziell besser geht als Singles (Girme et al., 2022; Stahnke & Cooley, 2021) und dass sie im Vergleich zu Singles zufriedener mit ihrem Beziehungsstatus sind (Lehmann et al., 2015). Die Gründe dafür sind vielfältig: In Partnerschaften erleben Menschen oft mehr soziale Unterstützung als Singles. Zudem können breitere gesellschaftliche Faktoren eine Rolle spielen – beispielsweise die ständige Betonung von romantischen Beziehungen in Medien –, was dazu führen kann, dass Singles sich nicht vollständig anerkannt oder integriert fühlen (DePaulo & Morris, 2005).
Beim Vergleich des Wohlbefindens von Personen in Partnerschaften mit dem von Singles ist Vorsicht geboten, da einfache Durchschnittswerte die Vielfalt innerhalb der Gruppen ignorieren. Ein genauerer Blick auf Singles und ihre Erfahrungen hilft, diese Vielfalt besser zu verstehen und die Faktoren zu erkennen, die zu einem glücklichen oder weniger glücklichen Singleleben beitragen.
Ein Überblicksartikel von Girme et al. (2022) fasst mehrere Studien zusammen, die sich ausschließlich mit Singles beschäftigen, und identifiziert dabei Faktoren, die mit einem zufriedenen oder weniger zufriedenen Singleleben verbunden sind. Die Autor*innen unterscheiden hierbei zwischen individuellen, zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Faktoren.
Individuelle Faktoren beziehen sich auf Charakteristiken, die innerhalb der Person liegen oder von ihr ausgehen. Singles, die sich in ihren Beziehungen wohl fühlen, sich wertgeschätzt fühlen und ihre Gefühle offen ausdrücken können, sind tendenziell zufriedener mit ihrem Singleleben als diejenigen, die in ihren emotionalen Bindungen unsicher, ängstlich und vermeidend sind. Der Wunsch nach einer Partnerschaft spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Singles, die keinen starken Wunsch nach einer Beziehung verspüren, sind oft glücklicher. Auf der anderen Seite berichten diejenigen mit starkem Beziehungswunsch und Angst vor dem Alleinsein tendenziell ein niedrigeres Wohlbefinden. Abschließend spielt auch das Alter eine Rolle: Die Zufriedenheit mit dem Singleleben nimmt zwar im jungen Erwachsenenalter ab, aber ab dem 40. Lebensjahr scheint sie wieder anzusteigen.
Bei den zwischenmenschlichen Faktoren dreht sich alles um die Qualität sozialer Beziehungen zu Freund*innen, Familienmitgliedern und Sexualpartner*innen. Beispielsweise berichten Singles, die starke soziale Unterstützungsnetzwerke haben, von einem höheren Wohlbefinden. Im Gegensatz dazu erleben Personen, die wenig familiäre oder freundschaftliche Unterstützung erhalten oder stark unter dem Druck der Familie stehen, eine Beziehung einzugehen, in der Regel ein geringeres Wohlbefinden. Und dann gibt es auch noch das Thema Sexualität – eine hohe Zufriedenheit in diesem Lebensbereich kann sich wiederum positiv auf das Singleleben auswirken.
Gesellschaftliche Faktoren umfassen durch soziale Normen und kulturelle Kontexte geformte Faktoren, die unsere Ansichten über Partnerschaften, Ehen und Familien prägen. In manchen Umgebungen gilt die romantische Beziehung als das Nonplusultra, was dazu führen kann, dass Singles sich in ihrem Status weniger erfüllt fühlen. Doch dort, wo Werte wie Individualität und Selbstentfaltung über traditionelle Vorstellungen gestellt werden, berichten Singles tendenziell eine höhere Zufriedenheit.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erfahrungen von Singles vielfältig und individuell sind. Viele erleben positive Aspekte und sind durchaus zufrieden mit ihrem Singleleben, während andere mit Unzufriedenheiten zu kämpfen haben. Es ist entscheidend, diese Vielfalt anzuerkennen, um ein inklusiveres Bild des Singlelebens zu zeichnen und den gängigen Stereotypen entgegenzuwirken.
Literaturverzeichnis
DePaulo, B. M., & Morris, W. L. (2005). Singles in society and in science. Psychological Inquiry, 16(2-3), 57-83. https://doi.org/10.1207/s15327965pli162&3_01
Girme, Y. U., Park, Y., & MacDonald, G. (2023). Coping or thriving? Reviewing intrapersonal, interpersonal, and societal factors associated with well-being in singlehood from a within-group perspective. Perspectives on Psychological Science, 18(5), 1097-1120. https://doi.org/10.1177/174569162211361
Lehmann, V., Tuinman, M. A., Braeken, J., Vingerhoets, A. J., Sanderman, R., & Hagedoorn, M. (2015). Satisfaction with relationship status: Development of a new scale and the role in predicting well-being. Journal of Happiness Studies, 16, 169-184. https://www.doi.org/10.1007/s10902-014-9503-x
Stahnke, B., & Cooley, M. (2021). A systematic review of the association between partnership and life satisfaction. The Family Journal, 29(2), 182-189. https://doi.org/10.1177/10664807209775
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