Die Technik bringt’s, doch der Mensch versagt

Der Einsatz von Videobeweisen wird zu Unrecht gelobt, da SchiedsrichterInnen tendenziell strenger pfeifen.

Der bereits in der Bundesliga kontrovers diskutierte Videobeweis hat sich seinen Weg zur WM-Bühne gebahnt, doch, anstatt zu glänzen, schon gleich in der Vorrunde versagt. Versagender ist dabei jedoch nicht die Technik oder der Beweis per se - es ist der Mensch hinter dem Bildschirm.

Bild 1: Schiedsrichter Fußball von hintenBild 1: Schiedsrichter Fußball von hintenErgebnissen einer Studie eines amerikanischen Forscherteams zufolge verzerren Zeitlupenaufnahmen unsere Wahrnehmung und erhöhen die Annahme von Vorsatz. Die verlangsamte Sequenz dauert also nicht nur länger, sie suggeriert auch, der/die SportlerIn habe mehr Zeit gehabt, absichtlich zu handeln. Im Umkehrschluss tendieren SchiedsrichterInnen dazu, dem/der Angreifenden größere Schuld zuzuweisen. Diese Tendenz wurde durch eine aktuelle Studie der Universität Leuven bestätigt. Die Wissenschaftler untersuchten mithilfe von 60 Angriffsszenen den Einfluss von Zeitlupenaufnahmen auf die Bewertung von Absicht und Schwere eines Fouls. Während die Entscheidungsqualität (z.B. über Initiierung des Fouls oder Körperkontakt) sich nicht von der in der Originalgeschwindigkeit unterschied, so führten Zeitlupen dennoch dazu, dass SchiedsrichterInnen härter bestraften und eher rote und gelbe Karten verteilten. Die Wissenschaftler plädieren deshalb grundsätzlich für die Abschaffung des Zeitlupenvideobeweises, räumen jedoch ein, dass er sich für andere Situationen wie Abseitsentscheidungen durchaus eignen könne. 

Literaturverzeichnis

Caruso, E. M., Burns, Z. C. & Converse B. A. (2016). Slow motion increases perceived intent. Proceedings of the National Academy of Science, 113, 9250 – 9255. doi:10.1073/pnas.1603865113

Spitz, J., Moors, P., Wagemans, J., & Helsen, W.F. (2018). The impact of video speed on the decision-making process of sports officials. Cognitive Research: Principles and Implications, 3(16). https://doi.org/10.1186/s41235-018-0105-8

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