DSM-5 - Katalog der Störungen: What´s New und was sind die Konsequenzen?

Gestört über Nacht? Eine Inflation der Diagnosen? Wer bin ich und wenn ja wie viele Kriterien wie vieler Störungen erfülle ich? Mehr zu den Konsequenzen der Veröffentlichung des neuen Diagnosekatalogs der American Psychiatric Association.

Das Diagnoserichtwerk der American Psychiatric Association wurde in einem langen Forschungs- und Aushandlungsprozess über die letzten 19 Jahre überarbeitet und im Mai 2013 in seiner 5. Version herausgegeben. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung wurde der neue Diagnosekatalog heiß debattiert. Und zwar aus unterschiedlichsten Gründen! Die Aufnahme einer neuen Diagnose im Katalog der psychischen und psychiatrischen Störungen kann für unterschiedliche (Berufs)gruppen sehr unterschiedliche Konsequenzen haben. Für den klinischen Forscher, der sein Leben lang zu Entstehungs-, Verlaufs- und Behandlungsmodellen von psychischen Störungen geforscht hat, bedeutet die Aufnahme und damit Anerkennung des Störungswertes einer neuen Diagnose u. U. den Durchbruch seiner Karriere. Im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder) wurden 15 neue Störungen aufgenommen. Die Frage bleibt, was bedeutet diese Entwicklung für die Patienten, die Behandler und am Ende für die Pharmafirmen.

Die Befürchtungen, die verknüpft sind mit der Erweiterung des Diagnosekataloges sind mannigfaltig. Die, die in der allgemeinen Presse (Spiegel, Zeit, TAZ etc). behandelt wurden reichen von der Befürchtung, dass es zu einer Inflation der Diagnosevergabe kommen könnte – dass z. B. normale Entwicklungsprozesse (Wutausbrüche bei trotzigen Kindern) oder normale Trauerprozesse (nach dem Tod eines Angehörigen) zukünftig als krankheitswertig angesehen werden – bis hin zu den Befürchtungen, dass letztendlich nur die Pharmaindustrie vom neuen Diagnosekatalog profitiert.

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass in Deutschland Diagnosen nicht nach DSM, sondern nach ICD(internationale Klassifikationssystem der WHO) verschlüsselt werden, so dass, die Veränderungen des DSM vorerst nur die klinische Forschung und nicht den Patienten betreffen. Diagnosen bleiben – egal nach welchem Klassifikationssystem – Dolmetscher, Dolmetscher zur Erleichterung der Verständigung, zur Einordnung, zum Verständnis. Keine Diagnose wird den häufig langen Leidensweg eines Patienten befriedigend abbilden können und eine Neuauflage von Klassifikationssystemen garantiert leider nicht dessen professionelle Anwendung. Egal wie viele Diagnosen verschlüsselt werden können - am Ende liegt es in den Händen des Psychologen bzw. Psychiaters und des Patienten ob es überhaupt zu einer Diagnosestellung kommt und wie zuverlässig diese ist. Ein umfangreiches Klassifikationssystem ersetzt keine umfangreiche Diagnostik!

 

Quelle:

American Psychiatric Association (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition. Washington DC: American Psychiatric Publishing.