„Eigentlich dachte ich, du wärst anders…“ – Selbstdarstellung bei der Partnersuche auf Tinder und Co.
„It’s a match!“ - Die Partnerin oder den Partner über Online-Dating-Plattformen zu finden, ist längst keine Seltenheit mehr. Doch in wen verliebe ich mich eigentlich? Lügen nicht sowieso alle bei ihrer Selbstdarstellung? Und wenn dem so ist, wo schummeln Online-Datende am liebsten?
„Eigentlich dachte ich, du wärst anders…“ – diesen Satz möchte kein Mensch hören (oder sagen), der sich zum ersten Mal persönlich trifft, nachdem er die andere Person online kennengelernt hat. Impression Management und selektive Selbstdarstellung sind bekannte Phänomene bei online Datenden, denn circa 8 von 10 NutzerInnen sind auf Dating-Plattformen nicht ganz ehrlich. Besonders gerne lassen NutzerInnen in ihren Profilbeschreibungen hinsichtlich Alter, Größe und Gewicht mal „fünf gerade sein“. Männer lügen tendenziell eher, was ihre Größe anbelangt, wohingegen Frauen öfter ihr tatsächliches Körpergewicht verheimlichen. Immerhin weichen NutzerInnen dabei jedoch insgesamt nur geringfügig von der Realität ab. Anders sieht es bei den Profilbildern aus: Hier schummeln sie deutlich weniger subtil (Toma et al., 2008). Durch Bildbearbeitungsprogramme können NutzerInnen ihre Fotos beliebig retuschieren - dank einfacher Handhabung von Filtern und Co. auch ganz ohne tiefergehende Photoshop-Kenntnisse. Trotzdem zeigt sich, dass NutzerInnen mit Bildern in ihrem Online-Profil insgesamt genauere und authentischere Angaben in ihrer Profilbeschreibung machen als diejenigen, die gar keine Fotos von sich hochladen (Toma et al., 2008). Fazit: Lieber leicht verschönerte Bilder als gar keine. Als Faustregel lässt sich sagen, dass die virtuelle Selbstdarstellung einer Person umso authentischer ausfällt, je selbstbewusster sie ist (Ranzini & Lutz, 2017).
Doch es kommt auch darauf an, mit welcher Nutzungsabsicht Personen Online-Dating-Plattformen nutzen. Wer beispielsweise auf Tinder Selbstbestätigung oder spontanen Sex sucht, präsentiert sich eher von der Schokoladenseite oder täuscht sogar strategisch – wer hingegen Freundschaften oder eine Partnerschaft sucht, stellt sich authentischer dar (Ranzini & Lutz, 2017). Tendenziell nehmen es Männer generell weniger genau mit ihren Angaben zum aktuellen Beziehungsstatus sowie ihren Beziehungszielen (Hall et al., 2010, zitiert nach Ranzini & Lutz, 2017). Allerdings ist die Forschung in diesem Bereich stark heteronormativ geprägt und sollte daher nicht übergeneralisiert werden.
Mit Blick auf das nächste Date können wir uns also relativ beruhigt zurücklehnen. Obwohl unser im Internet gefundenes Gegenüber wahrscheinlich auch die Möglichkeiten der Online-Kommunikation genutzt hat, um sich hier und dort in einem besseren Licht darzustellen, werden wir face-to-face höchstwahrscheinlich keine komplette Überraschung erleben. Denn letztendlich muss das Online-Profil – sei es auf Parship, Elitepartner oder Tinder – immer noch dem Realitätscheck standhalten und verhindert somit meist eine gänzlich überzogene Online-Selbstdarstellung (Ellison et al., 2012, zitiert nach Ranzini & Lutz, 2017).
Quellen:
Ranzini, G., & Lutz, C. (2017). Love at first swipe? Explaining Tinder self-presentation and motives. Mobile Media & Communication, 5(1), 80-101.
Toma, C. L., Hancock, J. T., & Ellison, N. B. (2008). Separating fact from fiction: An examination of deceptive self-presentation in online dating profiles. Personality and Social Psychology Bulletin, 34(8), 1023-1036.
Bildquelle:
Autor*innen
Artikelschlagwörter
Blog-Kategorien
- Corona (27)
- Für-Kinder (0)
- In-eigener-Sache (8)
- Interviews (11)
- Rechtspsychologie (24)
- Sozialpsychologie (216)
- Sportpsychologie (37)
- Umweltpsychologie (22)