Fair oder unfair – ist das hier die Frage? Wie Vorgesetzte dafür sorgen können, dass die eigenen Mitarbeitenden weniger gestresst sind
Ob sich Vorgesetzte ihren Mitarbeitenden gegenüber fair oder unfair verhalten, kann einen Einfluss darauf haben, wie gestresst die Mitarbeitenden sind. Doch macht es einen Unterschied, ob sich die Führungskraft immer fair/unfair oder inkonsistent verhält? Hat die Unvorhersehbarkeit des Verhaltens gar einen größeren Effekt auf das Stressniveau der Mitarbeitenden als das Ausmaß der Fairness selbst?
Je fairer, desto besser! Bisher nahm man an, dass Mitarbeitende weniger gestresst seien, je fairer sich ihre Führungskraft ihnen gegenüber verhält. Doch wurde hierbei außer Acht gelassen, ob sich die Führungskraft immer fair/unfair oder mal fair, mal unfair verhält. Denn ein inkonsistentes Verhalten kann dazu führen, dass sich Mitarbeitende unsicher sind, wie sich die Führungskraft künftig verhalten könnte. Ihr Verhalten wird also unvorhersehbar. Diese Unvorhersehbarkeit oder auch Unsicherheit stresst die Mitarbeitenden (Van den Bos & Lind, 2002). Und ist damit ein inkonsistentes Verhalten der Führungskraft stressender für die Mitarbeitenden als ein immer unfaires Verhalten?
Ja. In verschiedenen Studien hat sich gezeigt, dass sowohl physiologische Kennwerte (Herzrate) als auch psychologische Stressindikatoren (z.B. selbst eingeschätzter Stress, beeinträchtigte Erholung) bei Mitarbeitenden höher sind, deren Vorgesetzte sich weniger vorhersehbar und demnach inkonsistenter verhalten. Das Stresslevel ist sogar höher als bei Mitarbeitenden, deren Vorgesetzte sich immer unfair, demnach aber vorhersehbar verhalten (Matta et al., 2017; Wang et al., 2019).
Doch was könnten Führungskräfte dagegen tun? Die Lösung lautet: Denken vor dem Handeln. Es konnte beispielsweise gezeigt werden, dass sich Führungskräfte, die sich generell besser kontrollieren können, weniger inkonsistent verhalten. Personen mit hoher Selbstkontrolle denken beispielsweise vorher darüber nach, wie sie sich verhalten wollen, und sind anschließend weniger impulsiv in ihrem Verhalten. Demnach kann vor allem eine Reflexion über das eigene Verhalten helfen, künftig konsistenter zu handeln. Doch natürlich sollte ebenfalls angestrebt werden, sich auch immer fair statt unfair zu verhalten, denn ein unfaires Verhalten gegenüber den Mitarbeitenden hat neben Stress natürlich noch diverse andere negative Konsequenzen. Ein faires Verhalten zeichnet sich diesbezüglich vor allem durch Wertschätzung und Respekt den Mitarbeitenden gegenüber aus. Aber auch die Möglichkeit zur Mitsprache und die Transparenz bei der Entscheidungsfindung können als wichtige Aspekte fairen Verhaltens angesehen werden.
Sollte sich eine Führungskraft nun doch einmal unfair gegenüber ihren Mitarbeitenden verhalten haben, können Maßnahmen ergriffen werden, die die negativen Effekte abfedern können. Vorgesetzte können beispielsweise das Gespräch mit den Mitarbeitenden suchen, Bedauern äußern und sich entschuldigen. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden kann dann erörtert werden, welcher Schaden angerichtet wurde, wie er wieder behoben und wie er künftig vermieden werden kann (Okimoto et al., 2021).
Zusammengefasst für Führungskräfte: Verhalten Sie sich Ihren Mitarbeitenden gegenüber vor allem vorhersehbar, aber natürlich auch fair. Sollte doch einmal etwas schief gehen – stehen Sie dafür gerade und machen Sie es wieder gut!
Zusammengefasst für Mitarbeitende: Wenn sich Ihre Führungskraft einmal daneben benimmt – haben Sie Verständnis! Jeder kann einmal einen schlechten Tag haben. Suchen Sie das Gespräch, hören Sie zu und arbeiten Sie gemeinsam aus, wie das künftig vermieden werden könnte.
Quellen:
Matta, F. K., Scott, B. A., Colquitt, J. A., Koopman, J., & Passantino, L. G. (2017). Is consistently unfair better than sporadically fair? An investigation of justice variability and stress. Academy of Management Journal, 60(2), 743–770. https://doi.org/10.5465/amj.2014.0455
Okimoto, T. G., Konradt, U., Krys, S., & Dawson, N. (2021). A person-centered approach to understanding endorsement of restorative justice in response to workplace mistreatment. Social Justice Research, 1–26. https://doi.org/10.1007/s11211-021-00377-w
Wang, Y. R., Ford, M. T., Wang, Y., & Jin, J. (2019). Shifts and variability in daily interpersonal justice are associated with psychological detachment and affect at home. Journal of Vocational Behavior, 115, 103307. https://doi.org/10.1016/j.jvb.2019.05.004
Van den Bos, K., & Lind, E. A. (2002). Uncertainty management by means of fairness judgments. Advances in Experimental Social Psychology, 34, 1–60. https://doi.org/10.1016/s0065-2601(02)80003-x
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