Frag doch Facebook!

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie gut Ihre Freunde Sie wirklich kennen? In der Regel wahrscheinlich nicht schlecht. Aber Facebook kennt Sie möglicherweise noch besser!

Soziale Netzwerke sind mittlerweile zu einem selbstverständlichen und integralen Teil unseres Alltags geworden. Dabei werden wir als aktive Nutzer*innen oft automatisch ein wenig zu Facebook’s Infection von Ksayer1 via Flickr (https://www.flickr.com/photos/ksayer/5614813296), cc (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)Selbstdarsteller*innen. In der hoffnungsvollen Erwartung auf Bestätigung seitens unserer Freund*innen, posten wir die Inhalte unseres Lebens auf die Pinnwand und verteilen unsererseits großzügig Likes für alle Posts, welche man unserer Meinung nach schätzen sollte. Bereitwillig reagieren unsere Freund*innen ihrerseits mit einem Kommentar oder einem eigenen Like, nur um den Beitrag im Nachhinein bald wieder in der Flut von Informationen versinken zulassen. Doch was für uns eine nichtssagende, symbolische Geste sein mag, ist für Psycholog*innen und andere Datenanalyst*innen eine wertvolle Information.     

Unter dieser Prämisse starteten Kosinski et al. im Juni 2007 das myPersonality Projekt: Eine Datenbank mit 25 verschiedenen psychologischen Tests, welche durch eine Erhebung über Facebook realisiert wurde. Über sechs Millionen Facebook-Nutzer*innen füllten innerhalb von vier Jahren einen oder mehrere Tests aus. Dabei war es auch möglich, die Tests zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen, sodass in der Datenbank auch sich verändernde Einstellungen oder Eigenschaften festgehalten werden konnten. Des Weiteren konnten die Teilnehmer*innen auch die Persönlichkeiten ihrer Facebook-Freund*innen einschätzen. Zusätzlich erlaubten ungefähr 40 % der Teilnehmer*innen den Forscher*innen den Zugang zu profilspezifischen Daten, wie z. B. den verteilten Likes.

Doch kann man anhand von Facebook-Likes wirklich etwas über die Persönlichkeit von Facebook-Nutzer*innen erfahren? In der Tat – die Forscher*innen konnten nämlich zeigen, dass mithilfe von Facebook-Likes eine sehr genaue Einschätzung der Persönlichkeit möglich ist. In einem weiteren Schritt wurden die durch die Likes generierten Persönlichkeitsprofile dann mit Selbsteinschätzungen der Profilbesitzer*innen sowie Einschätzungen durch Dritte (Facebook-Freund*innen, Verwandte und Ehepartner*innen der Profilbesitzer*innen) verglichen. Die Einschätzungen wurden anhand eines Fragebogens erhoben, welcher fünf zentrale Persönlichkeitsdimensionen  erfasst: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für neue Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit.

Dabei fanden die Forscher*innen Erstaunliches heraus. So zeigten die Auswertung  der Daten nicht nur, dass die durch Likes generierten Persönlichkeitsprofile besser mit der Selbsteinschätzung einer Person übereinstimmen als die Beurteilungen ihres Freundeskreises, sondern auch, dass anhand der Likes eine ähnlich gute Einschätzung erzielt werden kann, wie die der Ehegattin bzw. des Ehegatten der betroffenen Person.

Wer sich also von Mitmenschen nicht verstanden fühlt, muss nur bis zur nächsten Internetverbindung suchen, um jemanden (oder in diesem Falle etwas) zu finden, welcher (oder was) einen doch ganz gut kennt.

Quellen

Kosinski, M., Matz, S. C., Gosling, S. D., Popov, V. & Stillwell, D. (2015). Facebook as a research tool for the social sciences: Opportunities, challenges, ethical considerations, and practical guidelines. American Psychologist, 70, 543-566.

Kosinski, M., Stillwell, D. & Graepel, T. (2013). Private traits and attributes are predictable from digital records of human behavior. Proceedings of the National Academy of Sciences, 110, 5802-5805.

Youyou, W., Kosinski, M. & Stillwell, D. (2015). Computer-based personality judgments are more accurate than those made by humans. Proceedings of the National Academy of Sciences, 112, 1036-1040.