Griechenland wird Weltmeister – Ein Vorwort zum WM-Blog
Spiel, Kaffeesatz und Sieg! In diesen Tagen haben sie Hochkonjunktur: Tippspiele! Und während sich an gewöhnlichen Ligaspieltagen bestenfalls Stammtischexpertinnen und -experten den Fußballwetten widmen, so beteiligt sich bei dem internationalen Großereignis das ganze Volk. Eigentlich schön, so ein Spielspaß für alt und jung, Mann und Frau.... Nur nicht für die Stammtischexpert(inn)en.
Für Stammtischexpert(inn)en stellt das Volkstippen eine Bedrohung dar. Zwar kann der Experte oder die Expertin dem Kollegium Abseitsregel und Doppelsechs erklären. Aber beim Kolleg(inn)en-Tippspiel gewinnt dann doch jemand anderes: Der Kollege, der die Seleção für eine Kaffeesorte hält. Oder die Kollegin, die Sami Khedira kennt, weil dieser mit der Gewinnerin einer Modelcastingshow liiert ist.
Und dennoch kann sich die Stammtischexpertin oder der Stammtischexperte nach einer Tippspielniederlage erhobenen Hauptes in die Sommerpause verabschieden: Er oder sie schiebt das Ergebnis ganz einfach auf den Zufall! Ein derartiger Erklärungsversuch erscheint auf den ersten Blick psychologisch sinnvoll. Menschen, die Misserfolge nicht auf die eigene Fähigkeit, sondern auf den Zufall oder Pech zurückführen, sind glücklicher und zufriedener in ihrem Leben (Abramson, Seligman & Teasdale, 1978; Metalsky, Abramson, Seligman, Semmel & Peterson, 1982).
Aber ist der Ausgang von Fußballspielen wirklich eine Frage des Zufalls? Die Antwort ist nicht ganz einfach. Zwar gibt es einen systematischen Anteil, aber in der Tat sind Fußballergebnisse in großem Ausmaß vom Zufall abhängig. Und das ist nicht nur für den Selbstwert der Stammtischexpert(inn)en maßgeblich. Weil der Zufallsanteil bei Sportergebnissen so hoch ist, werden Sportwetten rechtlich als Glücksspiel eingestuft. Die Deutschen zocken jährlich immerhin um gut 3 Milliarden Euro. Und da es sich bei Sportwetten nun um Glücksspiel handelt, drücken professionelle Wettanbieter 5 % des Einsatzes an das Finanzamt ab. Der Zufall spielt nicht nur dem Kollegen oder der Kollegin, der oder die die Ergebnisse aus dem Kaffeesatz gelesen hat, in die Karten, sondern auch dem Fiskus.
Doch gibt es ihn überhaupt, den Zufall? Gott würfelt nicht. Diese Aussage Einsteins meint, dass alle Ereignisse logisch vorhersehbar sind, wenn man nur genug Wissen hat. Und so zerbrechen sich Sportwissenschaftler(innen) und -psycholog(inn)en den Kopf darüber, welches Wissen es denn sein mag, das die Systematik im Fußball ausmacht. Ob und wie Fachwissen bei der Vorhersage von Fußballergebnissen hilft, werden wir am Ende der WM im In-Mind Blog erörtern.
Ob Ihr eigenes Fachwissen ausreicht, den Zufall zu besiegen, können Sie in unserem In-Mind Tippspiel testen. Wir werden nämlich König Zufall gegen alle Spielerinnen und Spieler unseres Tippspiels antreten lassen. Dabei wird König Zufall einfach alle Ergebnisse der letzten Weltmeisterschaft zufällig den Spielen der aktuellen WM zuweisen: Zunächst weist der Computer jedem Spiel der aktuellen Gruppenphase in Brasilien zufällig ein Ergebnis der Gruppenphase der WM in Südafrika zu. Das 7 zu 0 der portugiesischen Nationalelf gegen Nordkorea aus dem Jahre 2010 könnte also nun der Tipp für das Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien werden. Oder aber die Vorhersage für das Duell der Schweiz gegen Frankreich, oder... Anschließend werden die 16 k.o.-Runden-Ergebnisse von 2010 den 16 k.o.-Spielen in Brasilien zugelost. Ohne Rücksicht auf Verluste, lediglich Unentschiedentipps werden so vermieden. Unabhängig von all dem, würfelt der Computer auch noch die Tipps für die Bonusfragen: Torschütze, Torschützenteam, Vizeweltmeister und natürlich den Champion. Und auch wenn die Tipps von König Zufall noch geheim sind, möchte ich schon einen kleinen Vorgeschmack geben. Der Computer hat seinen Weltmeister schon vorhergesagt: Es wird Griechenland.
Sollten Sie den Weltmeister am Ende (auch) richtig getippt haben, berufen Sie sich aber unbedingt trotzdem auf Ihr Fachwissen. Denn es macht nicht nur glücklich, wenn man Misserfolge dem Zufall zuschreibt. Noch glücklicher macht es, Erfolge auf das eigene Können zurückzuführen (Cheng & Furnham, 2001)!
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