Heute verliebt, morgen genervt? Was tägliche Schwankungen in der Beziehungszufriedenheit über unsere Partnerschaft verraten
Wie stabil ist die Beziehungszufriedenheit im Alltag und was sagt diese Stabilität über unsere Partnerschaft aus? Eine aktuelle Studie zeigt, dass Schwankungen normal sind, aber nicht bei allen gleich stark ausgeprägt sind.
Dass sich Beziehungen im Laufe der Zeit verändern, dürfte den meisten Menschen vertraut sein. Die anfänglichen Gefühle der Verliebtheit werden schwächer, während die alltäglichen Verpflichtungen und Herausforderungen mehr Aufmerksamkeit erhalten. Studien zeigen beispielsweise, dass die durchschnittliche Beziehungszufriedenheit – also das subjektive Gefühl von Glück, Erfüllung und Zufriedenheit in Bezug auf die Beziehung – mit der Zeit sinkt und nach den ersten zehn Jahren der Beziehung ihren Tiefpunkt erreicht (Bühler et al., 2021). Weniger beleuchtet wurde bisher jedoch eine andere, spannendere Frage: Wie stark schwankt die Beziehungszufriedenheit im Alltag, also über Tage oder sogar innerhalb eines einzigen Tages hinweg?
Genau das hat eine neue Studie von Scheling et al. (2025) untersucht. Die Forschenden analysierten zwei große Stichproben heterosexueller Paare. In der ersten Stichprobe nahmen 593 Paare über zwei Jahre hinweg an vier 14-tägigen Erhebungsphasen teil. In jeder Phase gaben sie einmal täglich an, wie zufrieden sie an diesem Tag mit ihrer Beziehung waren. Die zweite Stichprobe bestand aus 150 Paaren, die innerhalb von sechs Monaten zweimal an jeweils zehntägigen Befragungen teilnahmen. Hierbei gaben die Paare über den Tag verteilt jeweils fünfmal – von morgens bis abends – an, wie zufrieden sie in diesem Moment mit ihrer Beziehung waren. Das Studiendesign ermöglichte es den Forschenden, nicht nur Veränderungen der Beziehungszufriedenheit von Tag zu Tag zu erfassen, sondern auch Schwankungen im Verlauf einzelner Tage genauer zu untersuchen. Ergänzend dazu füllten die teilnehmenden Paare zu Beginn und am Ende der Studie ausführliche Fragebögen aus, in denen sie Angaben zu ihrer soziodemografischen Situation, ihrer Persönlichkeit sowie zu verschiedenen Aspekten ihres Beziehungslebens machten.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Zufriedenheit sowohl zwischen den Tagen als auch innerhalb eines Tages deutlich schwankte. Und das war unabhängig vom Alter, Geschlecht oder der Dauer der Beziehung. Es scheint also völlig normal zu sein, dass Menschen mal mehr und mal weniger glücklich mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin sind. Gleichzeitig zeigten sich auch Unterschiede im Ausmaß dieser Schwankungen: Manche Menschen schwankten deutlich stärker als andere.
Aber wer schwankt stärker und warum? Hier zeigten die Studienergebnisse, dass Menschen, die sich von ihrem Partner oder ihrer Partnerin gut verstanden, akzeptiert und umsorgt fühlten, tendenziell weniger Schwankungen berichteten. Wer also das Gefühl hat, dass der Partner oder die Partnerin die eigenen Bedürfnisse wirklich ernst nimmt, bleibt stabiler in der Zufriedenheit, selbst wenn der Alltag mal turbulent werden sollte. Auch die Persönlichkeit spielt eine Rolle. Männer mit hohen Werten im Neurotizismus, also einer Neigung zu negativeren Emotionen und einer höheren Anfälligkeit für Stress, erlebten stärkere Schwankungen. Vermutlich nehmen sie kritische Beziehungserlebnisse insgesamt negativer wahr oder lassen sich stärker von äußeren Belastungen, etwa beruflichem Stress, beeinflussen. Warum dieser Zusammenhang bei Frauen nicht gefunden wurde, bleibt offen. Die Forschenden vermuten, dass Frauen möglicherweise besser an emotionale Schwankungen – etwa durch hormonelle Zyklen – gewöhnt sind und diese nicht automatisch auf die Beziehung zurückführen.
Erhöhen kurzfristige Schwankungen in der Beziehungszufriedenheit das Risiko einer Trennung? Personen, deren Zufriedenheit im Alltag besonders stark schwankte, berichteten am Ende der täglichen Befragungsphasen tatsächlich etwas häufiger von Trennungsabsichten. In den Monaten nach der Erhebung zeigte sich jedoch weder ein erhöhtes Trennungsrisiko noch ein Anstieg von Trennungsabsichten.
Die Studienergebnisse von Scheling et al. (2025) machen Mut: Schwankende Gefühle in einer Beziehung sind normal und keineswegs ein Anzeichen für ein bevorstehendes Ende der Beziehung. Wer jedoch merkt, dass die eigene Zufriedenheit besonders stark und häufig schwankt, könnte dies als Gelegenheit nutzen, um mit dem Partner oder der Partnerin über die eigenen Bedürfnisse zu sprechen. Denn das Gefühl, wirklich gehört, verstanden und unterstützt zu werden, erwies sich als wichtiger Schutzfaktor gegenüber solchen Schwankungen. Es kann sich also lohnen, das emotionale Auf und Ab als wertvollen Impuls für den gemeinsamen Dialog zu verstehen.
Literaturverzeichnis
Bühler, J. L., Krauss, S., & Orth, U. (2021). Development of relationship satisfaction across the life span: A systematic review and meta-analysis. Psychological Bulletin, 147(10), 1012–1053. https://doi.org/10.1037/bul0000342
Scheling, L., Wrzus, C., Weidmann, R., Burriss, R. P., Wünsche, J., Grob, A., & Bühler, J. L. (2025). Within-person variability and couple synchrony in state relationship satisfaction: Testing predictors and implications. Journal of Personality and Social Psychology, 129(2), 407–437. https://doi.org/10.1037/pspp0000559
Bildquelle
Autor*innen
Artikelschlagwörter
Blog-Kategorien
- Corona (27)
- Für-Kinder (0)
- In-eigener-Sache (8)
- Interviews (11)
- Rechtspsychologie (25)
- Sozialpsychologie (237)
- Sportpsychologie (38)
- Umweltpsychologie (27)


