Smells like…victory! Von stillen Orten und Einstellungsentstehung
Kaum etwas beeinflusst Entscheidungen und Verhalten so nachhaltig wie Einstellungen. Aber wie werden sie erworben (und bedeutet der Titel wirklich das, was ich denke)?
Es gibt wohl kaum eine unangenehmere, intuitiv widersinnigere Vorstellung als diejenige, nicht Herr (oder Frau) seiner selbst zu sein. Beunruhigen könnte daher der Gedanke, mit dem die Sozialpsychologie kokettiert: Einstellungen und Vorurteile seien weniger das Produkt begründeter Überzeugungen, sondern vielmehr das Ergebnis zufälliger Gegebenheiten. Das angedachte Prinzip scheint denkbar einfach: Wir mögen Personen, Gegenstände und Konzepte, die zeitlich und räumlich nah mit gemochten Personen, Gegenständen oder Konzepten aufgetreten sind. Gleicherweise gilt dies natürlich für die Entstehung von Abneigungen. Der Clou an der Sache: Mehr braucht es nicht. Man solle sich also keine weiteren Gedanken machen müssen, ob z.B. eine unbekannte und eine gemochte Person in einer sinnhaften Beziehung zueinander stehen, die eine Präferenz begründet (z.B. der Freund meines Freundes ist mein Freund)—allein die beiläufige Beobachtung, dass eine unbekannte Person sich oft in der Nähe eines Freundes aufhält, reicht für den Präferenzerwerb. Zwar ist die Anwendungsrelevanz hier augenfällig (Werbung! Phobien!), aber klappt das wirklich?
Durchaus! Zum Beispiel haben Frank Baeyens und Kollegen zeigen können, dass Präferenzen gegenüber Duftstoffen beiläufig erworben werden. Verschiedene Duftstoffe wurden über mehrere Tage in den Toiletten eines Universitätsgebäudes verbreitet, welche regelmäßig von bestimmten Abteilungen genutzt wurden. Unter einem Vorwand wurde einige Zeit später der Duftstoff sowie andere, unbekannte Duftstoffe bewertet. Dabei fand man, dass der erlebte Duftstoff positiver bewertet wurde von Personen, die den Toilettengang angenehm empfanden („Arbeitspause“) verglichen mit solchen Personen, die ungern aufs Klo gingen („notwendiges Übel“). Überraschendweise war sich kaum eine Person bewusst, den Duftstoff aus der Toilette zu kennen und niemand konnte sagen, dass die Bewertung des Duftstoffes durch die Präferenz für den Toilettengang beeinflusst wurde. Es scheint hier in der Tat so, dass wir nicht mal im Stillen immer Herr (oder Frau) unserer Präferenzen sind. Beruhigend mag es dann zumindest sein, dass der Titel doch nicht das bedeutete, was sie dachten.
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