So schön, dass es wehtut.
In den Medien sind schöne Menschen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Im Fernsehprogramm, auf Plakaten, im Internet: Überall begegnen uns schöne Menschen. Auf den ersten Blick ist dies ganz in unserem Interesse. Denn wenn wir die Wahl haben, schauen wir uns lieber schöne Menschen an, als hässliche. Aber nicht alle BetrachterInnen können so viel Schönheit verkraften.
Bereits Babys zeigen eine Präferenz für schöne Menschen (Slater et al., 1998). Sie können das zwar noch nicht sagen, schauen schöne Menschen aber länger an, und reagieren auf Schönheit mit einem Lächeln. Diese Präferenz bleibt über die Lebensspanne stabil. Kein Wunder also, dass professionelle MediengestalterInnen gerne schöne Männer und Frauen zeigen. In Modelshows und Pornos, in der Werbung und sonstwo. Und selbst Laien gestalten die Medien nach diesem Prinzip. Für das Messenger-Profil wird nicht irgendein Bild genommen, sondern eines auf dem wir möglichst gut aussehen. Brust raus, Bauch rein, und vielleicht noch etwas Bildbearbeitung dazu.
Die logische Konsequenz: Bilder in professionellen wie in sozialen Medien sind nicht repräsentativ. Wo wir hinschauen, sehen wir schöne Menschen – häufiger, als es sie eigentlich gibt und schöner, als sie wirklich sind.
So schön das auch ist, so schlecht kann sich das aber anfühlen. Das Betrachten von schönen Menschen – zum Beispiel auf Instagram-Profilen von Promis oder auch beliebigen Personen – reduziert die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper und trübt die Stimmung (Brown & Tiggemann, 2016). Besonders bei Menschen mit einem eher instabilen Selbstwert ist dies der Fall. Menschen mit instabilem Selbstwert machen ihren Selbstwert von unmittelbaren Ereignissen abhängig (Deci & Ryan, 1995). Sie müssen sich ihren Selbstwert daher immer wieder aufs Neue erarbeiten, suchen nach Akzeptanz, sei es über gute Leistungen oder die Erfüllung anderer sozialer Standards.
Menschen mit ereignisabhängigem Selbstwert neigen dazu, sich mit den Schönen zu vergleichen: Patrick, Neighbors und Knee (2004) baten Probandinnen eine Reihe von Werbeanzeigen zu bewerten. Auf allen Anzeigen waren attraktive Models zu sehen. Weniger attraktive Probandinnen, die ihren Selbstwert von Ereignissen abhängig machen, waren anschließend deprimiert.
Was diese eine Studie illustriert, zeigen mittlerweile etliche Studien und Experimente (s. Hausenblas et al., 2013): Instagram, Modelshows, Pornografie. Die mediale Welt ist oft schöner als die Realität. Und manchen Menschen wird dies zur Last. Die Folgen reichen von Unwohlsein über Ängste bis zu gestörtem Essverhalten. Schön ist das nicht.
Falls Sie also bis hier gekommen sind, schalten Sie doch das Internet aus und freuen sich mit echten Menschen.
Quellen:
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1995). Human autonomy: The basis for true self-esteem. In M. H. Kernis & M. H. Kernis (Eds.), Efficacy, agency, and self-esteem (pp. 31-49). New York, NY: Plenum Press.
Slater, A., Von der Schulenburg, C., Brown, E., Badenoch, M., Butterworth, G., Parsons, S. & Samuels, C. (1998). Newborn infants prefer attractive faces. Infant Behavior & Development, 21(2), 345-354. doi: 10.1016/S0163-6383(98)90011-X
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