Wo waren Sie am Montag zwischen 14 und 16 Uhr? Bei Alibis liegt der Teufel im Detail.
1984 wurde Jennifer Thompson in ihrer Studentenwohnung von einem Unbekannten vergewaltigt. Fünf Tage später wurde Ronald Cotton zu seinem Alibi befragt. Er erklärte, er sei zum Tatzeitpunkt mit Freunden zusammen gewesen. Wenig später jedoch änderte er seine Aussage: Er habe zum besagten Zeitpunkt im Hause seiner Mutter auf dem Sofa geschlafen. Kann man dieser Aussage trauen? War Cottons erstes Alibi erlogen?
Von letzterem gehen laut einer in den USA durchgeführten Untersuchung mehr als 80 Prozent der Ermittlungsbeamten und -beamtinnen aus: Wenn Verdächtige ihr Alibi im Nachhinein verändern, dann liegt das mit hoher Wahrscheinlichkeit daran, dass sie zunächst gelogen haben. Um diese Annahme zu prüfen, baten zwei amerikanische Forscher 255 Studierende, eine Alibiaussage für vier verschiedene in der Vergangenheit liegende Zeitabschnitte zu machen. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, nämlich 88 Prozent, konnten sich an die betreffenden Zeiträume erinnern und eine Aussage zu ihrem Verbleib machen. Im zweiten Teil der Studie wurde es jedoch kniffliger: Nun sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Aussage anhand von Beweisen untermauern. Gut ein Drittel der Befragten berichteten beim zweiten Testzeitpunkt, dass sie sich bei ihrer ersten Aussage geirrt hatten und dass sie ihr Alibi korrigieren müssten. Eine Folgestudie untersuchte die Konsistenz von Alibiaussagen. Es zeigte sich, dass diese größtenteils inkonsistent waren. Diese Inkonsistenzen erstreckten sich auf alle Aspekte der Aussage, also die beteiligten Personen, den Ort, die Zeit, Art und die Chronologie der Ereignisse. Die Autoren schließen aus diesen Ergebnissen, dass Alibiinkonsistenzen ein natürliches Nebenprodukt unseres nun mal nicht perfekten Gedächtnisses sind, genau wie bei Augenzeugen, können sie auch bei Verdächtigen vorkommen.
Wie ging es nun mit Ronald Cotton aus? Der stellte nach seiner ersten Aussage fest, dass er zwei Wochenenden verwechselt hatte, und musste daher sein Alibi korrigieren. Er wurde 1985, auch (aber nicht nur) weil seinem Alibi kein Glauben geschenkt wurde, zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Aufgrund von DNA Beweisen wissen wir heute, dass er unschuldig war. Darauf basierend wurde er 1995 aus der Haft entlassen.
Quellen:
Dysart, J.E. & Strange, D. (2012). Beliefs about alibis and alibi investigations: A survey of law enforcement. Psychology, Crime & Law, 18,11-25.
Olson, E.A. & Charman, S.D. (2012). ‘But can you prove it?’ – examining the quality of innocent suspects' alibis. Psychology, Crime & Law, 18, 453-471.
Strange,D., Dysart,J. & Loftus, E.F.(2014). Why errors in alibis are not necessarily evidence of guilt. Zeitschrift für Psychologie, 222, 82-89.
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