Mobbing am Arbeitsplatz – eine Frage des Stresses?
Mobbing am Arbeitsplatz ist ein weitverbreitetes Phänomen. Je nach Umfrage geben bis zu 29 % der Arbeitnehmenden an, bereits Erfahrungen mit Mobbing gemacht zu haben (z.B., Suhr, 2021). Doch wie kann es überhaupt so weit kommen? Eine aktuelle Studie liefert neue Erkenntnisse zu möglichen Auslösern für Mobbing.
Mobbing kann nicht nur an Schulen unter Kindern und Jugendlichen stattfinden, sondern auch am Arbeitsplatz vorkommen. Mobbing wird definiert als das systematische Ausgrenzen, Demütigen oder Verletzen einer Person über einen längeren Zeitraum hinweg, je nach Quelle z.B. über mindestens sechs Monate (Leyman, 1990). Systematisch bedeutet, dass dieses Verhalten regelmäßig gezeigt wird und nicht nur einmalig auftritt. Mobbing-Betroffene leiden unter dieser fortwährenden schlechten Behandlung, die durch Vorgesetzte oder Kolleg:innen am Arbeitsplatz stattfinden kann. Dies hat wiederum negative Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen (Einarsen et al., 2020).
Die Frage nach Auslösern für ein solches Verhalten wurde bereits in mehreren Studien untersucht. Ein häufiger Auslöser für Mobbing am Arbeitsplatz war dabei eine stressvolle Arbeitsumgebung sowie Rollenstress (Van den Brande et al., 2016). Unter Rollenstress wird vor allem die Rollenunklarheit von Arbeitnehmenden verstanden. Diese Rollenunklarheit kann zu Konflikten zwischen Kolleg:innen führen, zum Beispiel, wenn nicht eindeutig geklärt ist, wer für welche Aufgabe zuständig ist oder wer welche Rolle in einem Projekt einnimmt (Blomberg et al., 2024).
Die bisherigen Studien haben jedoch oftmals nur Daten zu einem Messzeitpunkt erhoben, was eine Aussage über die Wirkrichtung und langfristige Effekte schwierig macht (Van den Brande et al., 2016). In einer aktuellen Studie wurde deswegen eine Längsschnittuntersuchung durchgeführt, um die Langzeiteffekte besser erfassen zu können (Blomberg et al., 2024). Über fast vier Jahre nahmen über 1000 Arbeitnehmende an insgesamt drei Befragungen teil. Dabei zeigte sich, dass der direkte Effekt von Rollenunklarheit auf Mobbing durch ein feindseliges Arbeitsumfeld vermittelt wurde. Das bedeutet, dass unklare Rollenverteilungen zu einem feindseligeren Arbeitsumfeld führten und dieses feindselige Arbeitsumfeld Mobbing begünstigte. Der Zusammenhang zwischen feindseligem Arbeitsumfeld und Mobbing wurde jedoch geringer, wenn die oder der direkte Vorgesetzte als unterstützend wahrgenommen wurde (Blomberg et al., 2024). Somit konnten die Ergebnisse aus vorherigen Querschnittsstudien in dieser Längsschnittstudie bestätigt werden.
Es ist also nicht nur der Rollenstress selbst, der zu Mobbing führen kann, sondern vielmehr das daraus resultierende feindselige Arbeitsumfeld, das Mobbing am Arbeitsplatz begünstigt (Blomberg et al., 2024). Ein feindseliges Arbeitsumfeld führt jedoch nicht zwangsläufig zu Mobbing. Wird die Führungskraft als unterstützend wahrgenommen, vermittelt sie ihren Mitarbeitenden also zum Beispiel ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens, kann dies die negativen Auswirkungen des feindseligen Arbeitsumfeldes auf das Mobbing-Risiko abmildern. Es ist also wichtig, dass Arbeitnehmende klare Informationen und Erwartungen hinsichtlich der von ihnen erwarteten Rollen und Aufgaben in einem Unternehmen erhalten und dass das Arbeitsumfeld nicht von Frustration oder Aggressionen geprägt ist. Unternehmen sollten entsprechend auf klare Rollenverteilungen achten und sicherstellen, dass keine feindseligen Arbeitsumgebungen entstehen. Außerdem sollten sie die unterstützende Funktion ihrer Führungskräfte fördern, um das Mobbing-Risiko am Arbeitsplatz zu verringern (Blomberg et al., 2024).
Literaturverzeichnis
Blomberg, S., Rosander, M., & Einarsen, S. V. (2024). Role ambiguity as an antecedent to workplace bullying: Hostile work climate and supportive leadership as intermediate factors. Scandinavian Journal of Management, 40(2), 101328. https://doi.org/10.1016/j.scaman.2024.101328
Einarsen, S. V., Hoel, H., Zapf, D., & Cooper, C. L. (2020). The concept of bullying and harassment at work: The European tradition. In S. V. Einarsen, H. Hoel, D. Zapf, & Cooper (Eds.), Bullying and Harassment in the Workplace (3rd ed.). CRC Press.
Leymann, H. (1990). Mobbing and psychological terror at workplaces. Violence and Victims, 5(2), 119–126. https://doi.org/10.1891/0886-6708.5.2.119
Suhr, F. (2021, March 31). Infografik: Mobbing am Arbeitsplatz ist kein Einzelphänomen. Statista Daily Data. https://de.statista.com/infografik/24543/befragte-zu-ihren-erfahrungen-m...
Van den Brande, W., Baillien, E., De Witte, H., Vander Elst, T., & Godderis, L. (2016). The role of work stressors, coping strategies and coping resources in the process of workplace bullying: A systematic review and development of a comprehensive model. Aggression and Violent Behavior, 29, 61–71. https://doi.org/10.1016/j.avb.2016.06.004
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