Aufschieberitis? –Warum sich konkrete Pläne lohnen

Die nächste Hausarbeit? Hat noch niemand angefangen. Die Präsentation für den Chef? Steckt noch in der Kreativ-Phase. Die Steuererklärung? Macht sowieso keinen Spaß.

https://www.flickr.com/photos/notahipster/4457794763Tuesday To-Do List von Stacy Spensley via Flickr (https://www.flickr.com/photos/notahipster/4457794763), cc (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)Jeder von uns litt bereits an dieser Krankheit – der Aufschieberitis, auch Prokrastination genannt. Nicht selten endet sie in Stress und Unzufriedenheit. Doch was tun gegen die Bequemlichkeit? Hier könnten neue Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie weiterhelfen. In einer Studie von McCrae und KollegInnen (2008) konnte gezeigt werden, dass konkrete Aufgaben eher erledigt werden als abstrakte Aufgaben. StudienteilnehmerInnener hielten jeweils eine von zwei Varianten eines Fragebogens, den sie innerhalb von drei Wochen per Mail an die StudienleiterInnen zurückschicken sollten. In der konkreten Variante sollten die StudienteilnehmerInnen untergeordnete Beispiele zu einer Liste von Objekten generieren (z.B. „Adler“ als Beispiel für „Vogel“). In der abstrakten Variante sollten übergeordnete Kategorien gefunden werden (z.B. „Tier“ als Kategorie für „Vogel“). Es zeigte sich, dass StudienteilnehmerInnen, die an der konkreten Variante arbeiteten, ihre Aufgabe mit größerer Pünktlichkeit einreichten als StudienteilnehmerInnen, die an der abstrakten Version arbeiteten. Doch woran liegt das?

Dieser und weiterer Forschungsfragen will die Construal Level Theory (Trope &Liberman, 2010) auf den Grund gehen. Laut dieser Theorie steigt mit der psychologischen Entfernung eines Objekts oder Ereignisses auch das Abstraktionsniveau des Denkens darüber. Das bedeutet: Je näher mir eine Aufgabe räumlich, zeitlich oder persönlich erscheint, desto konkreter sehe ich sie vor mir und desto eher werde ich sie auch umsetzen. Interessanterweise funktioniert dieses Prinzip auch in die umgekehrte Richtung: Bekomme ich eine sehr abstrakte und unkonkrete Aufgabe gestellt, dann sehe ich den Abschluss dieser Aufgabe tendenziell weiter in der Zukunft und werde sie wahrscheinlich auch erst später durchführen – so wie bei den Personen im Experiment, die an der abstrakten Variante des Fragebogens arbeiten sollten.

Die Fähigkeit, sich die Zukunft vorzustellenund langfristige Pläne anzulegen, begegnet uns nahezu jeden Tag und stellt eine der herausragenden kognitiven Leistungen des Menschen dar. Damit solche Pläne dann auch umgesetzt werden, lohnt es sich, die Aufgaben zu konkretisieren: Wann muss ich die Hausarbeit abgeben? Wo ist das Büro des Chefs? Was genau muss in die Präsentation? – Die beste Medizin gegen Aufschieberitis!

Quellen:

McCrea, S. M., Liberman, N., Trope, Y., & Sherman, S. J. (2008). Construal level and procrastination. Psychological Science, 19(12), 1308-1314.

Trope, Y., & Liberman, N. (2010). Construal-level theory of psychological distance. Psychological Review, 117(2), 440-463.