Alle 11 Sekunden verliebt sich ein sensibler Single?
Wer Angst hat, von anderen Menschen zurückgewiesen zu werden, datet eher online als in der realen Welt. Studienergebnisse zeigen, dass zurückweisungssensible Singles online eher ihr "wahres Ich" offenbaren können.
In den letzten 20 Jahren hat sich die Art unserer Partnersuche dramatisch verändert. Dominierten in der Vergangenheit Kneipen, Arbeitsplatz und die Nachbarschaft als Orte, um andere Singles kennen zu lernen, so versuchen heute knapp 50% der Singles, eine(n) PartnerIn online zu finden (2017: 17,3 Mio. Single-Haushalte; 8,6 Mio. aktive NutzerInnen von Online-Dating-Börsen; Statista). Im Zuge der Popularität des Online-Datings beschäftigen sich viele Studien mit dem Erfolg und Verhalten der NutzerInnen, einige wenige haben nun auch begonnen, die Prädiktoren für die Nutzung der Plattformen zu untersuchen.
Zu den drei wichtigsten Prädiktoren zählen das Alter, die Angst vor Dating und die Sensibilität gegenüber Zurückweisung (Valkenburg & Peter, 2007). Der/Die prototypische NutzerIn ist demnach zwischen 30 und 50 Jahre alt, hat geringe Angst vor Dates und eine hohe Zurückweisungssensibilität. Dabei sticht besonders letztere Eigenschaft ins Auge. Doch warum nutzen Personen, die sich davor fürchten, von anderen zurückgewiesen zu werden, eher Online-Dating-Börsen als andere? ForscherInnen spekulieren, dass zurückweisungssensible Personen glauben, online besser ihr „wahres Ich“ präsentieren zu können. Demnach erleben diese Personen online die Möglichkeit, emotional stabilere Bindungen einzugehen, weil sie im Gegensatz zu sozialen "face to face"-Interaktionen nicht den Druck verspüren, Oberflächlichkeiten auszutauschen. Studienergebnisse stützen diese These (Hance, Blackhart & Dew, 2018). Eine Studie der East Tennessee State University mit 640 Teilnehmenden zeigte, dass zurückweisungssensible Personen sich wohler fühlen, online ihr "wahres Ich" zu präsentieren und deshalb eine höhere Tendenz haben, Online-Dating-Seiten zu nutzen. Die ForscherInnen vermuteten, dass die Neigung zur Selbstoffenbarung hierfür eine entscheidende Rolle spielt, da Personen sich online häufig weniger verletzlich fühlen als bei direkter Interaktion, doch dieser Einfluss konnte empirisch nicht nachgewiesen werden.
Individuen mit hoher Zurückweisungssensibilität erfahren jedoch gerade in Beziehungen vermehrt Probleme, da sie unsensibles Verhalten des/der Partners/-in eher als absichtliche Verletzung interpretieren und deshalb ihrem/-r PartnerIn feindseliger und weniger unterstützend gegenüberstehen (Downey & Feldman, 1996). Zurückweisungssensibilität steht deshalb in Zusammenhang mit erhöhter Unzufriedenheit und Beendigung von Beziehungen. Wie hoch der prozentuale Anteil der zurückweisungssensiblen Personen in Online-Dating-Börsen ist, ist jedoch nicht geklärt. Hoffnung für alle Singles geben aktuelle Zahlen, die belegen, dass online geschlossene Beziehungen generell zu mehr Zufriedenheit und weniger Scheidungsraten führen (Cacioppo et al., 2018).
Quellen:
Valkenburg, P. M., & Peter, J. (2007). Who visits online dating sites? Exploring some characteristics of online daters. CyberPsychology and Behavior, 10, 849-852. doi:10.1089/cpb.2007.9941
Hance, M.A., Blackhart, G. & Dew, M. (2018). Free to be me: The relationship between the true self, rejection sensitivity, and use of online dating sites. The Journal of Social Psychology, 158(4), 421-429. https://doi.org/10.1080/00224545.2017.1389684
Downey, G., & Feldman, S. I. (1996). Implications of rejection sensitivity for intimate relationships. Journal of Personality and Social Psychology, 70, 1327–1343. doi:10.1037/0022-3514.70.6.1327
Cacioppo, J. T., Cacioppo, S., Gonzaga, G. C., Ogburn, E. L., & VanderWeele, T. J. (2018). Marital satisfaction and break-ups differ across on-line and off-line meeting venues. PNAS, 110(25), 10135-40. doi: 10.1073/pnas.1222447110.
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