An der Uni studieren? Alles viel zu elitär für mich!

Früher mussten sich Angehörige bestimmter ethnischer und sozialer Gruppen das Recht erkämpfen, überhaupt studieren zu dürfen. Heute stehen sie an den Universitäten einem neuen Feind gegenüber: Ihren eigenen Überzeugungen.

Diversität an der UniversitätDiversität von Kevin Coles via Flickr (https://www.flickr.com/photos/kcjc/271215842/), cc (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)Westliche Hochschulen und Universitäten standen jahrhundertelang nur den Angehörigen sehr eng umrissener Bildungseliten offen: Studierende waren in der Regel männlich, gehörten zur dominanten Ethnie und kamen aus gutbürgerlichem Elternhaus. Dies änderte sich erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Damals erkämpften afroamerikanische Bürgerinnen und Bürger in den USA ihr Recht auf einen Studienplatz  und in Deutschland öffnete die Bildungsexpansion Kindern aus der Arbeiterklasse den Weg an die Universität.

Die Zusammensetzung der Studierendenschaft hat sich seitdem stark verändert. Nichtsdestotrotz zeigt aktuelle Forschung, dass in den Köpfen vieler Studierenden die Vergangenheit noch immer nachwirkt. So konnten Untersuchungen zeigen, dass afroamerikanische Studierende auch heute noch die Angst hegen, an amerikanischen Universitäten keinen Anschluss finden. Auch Kinder aus bildungsfernen Schichten berichten an westlichen Universitäten ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl als Kinder aus Akademikerhaushalten.

Als Erklärung werden häufig selbst-erfüllende Prophezeiungen angeführt: Diese haben ihren Ursprung darin, dass Menschen aus ihrer Herkunft auch Überzeugungen zu ihrem angemessenen Platz in der Gesellschaft ableiten. Studienanfänger*innen aus klassischen Bildungseliten kommen dabei wahrscheinlicher zu dem Schluss, an die Universität zu passen, als Studierende aus Gruppen, denen früher der Zugang zu Hochschulen verweigert wurde. In der Folge entsteht bei letzteren die Erwartung, dass sie mehr Schwierigkeiten als andere Studienanfänger*innen haben werden, wenn es darum geht, Anschluss an der Universität zu finden. Kommt es nun tatsächlich zu Situationen, in denen sich besagte Studienanfänger ausgeschlossen fühlen, führen sie diese Erfahrung direkt auf ihre Herkunft zurück und sehen sich in ihren Eingangserwartungen bestätigt. Ein Teufelskreis entsteht.

Doch es besteht Hoffnung: So induzierten amerikanische Sozialpsychologen unter afro-amerikanische Studienanfänger*innen im Rahmen einer Kurzintervention die Überzeugung, dass Zurückweisungserlebnisse zu Beginn des Studiums ganz normal sind und nichts mit der jeweiligen Herkunft zu tun haben. Als Folge schilderten die Studierenden auch drei Jahre später noch ein höheres Wohlbefinden und ein erhöhtes Ausmaß an sozialer Einbindung an ihrer Universität im Vergleich zu afro-amerikanischen Studierenden, die nicht an der Intervention teilgenommen hatten. Es scheint also möglich, die Studierenden von heute von der Last der Bildungsstrukturen von damals zu befreien.

Quellen:

Ostrove, J. M. & Long, S. M. (2007). Social class and belonging: Implications for college adjustment. The Review of Higher Education, 30, 363-389.

Walton, G. M. & Cohen, G. L. (2007). A question of belonging: Race, social fit, and achievement. Journal of Personality and Social Psychology, 92, 82-96.

Walton, G. M. & Cohen, G. L. (2011). A brief social-belonging intervention improves academic and health outcomes of minority students. Science, 331, 1447-1451.