Aphasie – Wenn die Worte fehlen

Aphasie, die partielle Beeinträchtigung oder der Verlust von Sprache, ist eine häufige Folgeerscheinung von Hirnschädigungen in der linken Hirnhälfte und stellt Betroffene vor spezielle Herausforderungen. Sie berichten wesentlich öfter von Gefühlen der Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit als Menschen mit Gehirnläsionen ohne Aphasie und Behandlungen müssen an die Kommunikationsschwierigkeiten angepasst werden. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über Ursachen, Charakteristika und Therapiemöglichkeiten bei Aphasie geben.

Was sind die Ursachen von Aphasie?

Etwa ein Drittel aller Schlaganfallbetroffenen ist nach dem Vorfall in ihren sprachlichen Fähigkeiten eingeschränkt. Meist ist dies auf Schädigungen im Gewebe in der linken Hirnhälfte, die als dominant in der Sprachverarbeitung gilt, zurückzuführen (Berthier, 2005). Diese Schäden können aber auch in Folge eines Schädel-Hirn-Traumas oder im Zuge von neurodegenerativen Erkrankungen, zum Beispiel bei Alzheimer-Krankheit oder frontotemporaler Demenz, auftreten (Marshall et al., 2018).

Durch welche Merkmale zeichnet sich Aphasie aus?

Sprachschwierigkeiten können sich im Ausdruck, beim Verständnis, beim Lesen und Schreiben äußern. So können manche Menschen mit Aphasie zwar verstehen, was zu ihnen gesagt wird, finden aber nicht die richtigen Worte, um zu antworten, während andere sich fühlen, als würde ihre Umwelt eine ihnen unbekannte Sprache sprechen. Betroffene erleiden dadurch einen Mangel an Unterstützung in der Rehabilitation – von Seiten der Angehörigen, aber auch vom medizinischen Personal (Baker et al., 2019) und sind über sieben Mal wahrscheinlicher von depressiven Symptomen betroffen, als Schlaganfallpatient:innen ohne Aphasie (Zanella et al., 2022). Trotz des häufigen Auftretens und der schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen ist die Aphasie den meisten Menschen als Krankheitsbild unbekannt und wird auch häufig im klinischen Alltag nicht adäquat behandelt. Dies ist besonders gravierend, da Aphasie nicht nur akut und vorübergehend auftritt, sondern auch Jahrzehnte in einer chronischen Form anhalten kann. Dabei wurde in diversen Studien festgestellt, dass auch Patient:innen mit chronischer Aphasie, unabhängig von der Zeit, die zwischen dem Schlaganfall und dem Therapiebeginn liegt, von Behandlungen profitieren (Moss & Nicholas, 2006).

Wie kann Aphasie behandelt werden?

Die Art der Behandlung hängt stark vom Individuum und der Ursache der Sprachprobleme ab. Jedoch zeigt sich in qualitativen und quantitativen Studien, dass sowohl Menschen mit Aphasie als auch deren Angehörigen und das medizinische Personal von Aufklärung bezüglich des Krankheitsbildes und angepassten Kommunikationstrainings profitieren. Kommunikations-Partner:innen-Training für das soziale Umfeld, in dem neue Strategien und Gesprächsmittel erlernt werden, führt bei Patient:innen zu einer Steigerung der sozialen Teilhabe, während die „Partner:innen“ von höherem Selbstvertrauen und einer besseren Kommunikation berichten (Simmons-Mackie et al., 2016). Im Falle von akuter und chronischer Aphasie in Folge eines Schlaganfalls haben logopädische Behandlungen sowie bestimmte Medikamente, die die kognitiven Funktionen unterstützen und häufig bei Demenz eingesetzt werden, Erfolge gezeigt (Berthier, 2005). Essenziell sind außerdem Programme, in denen sich Menschen mit Aphasie mit anderen Betroffenen austauschen können, besonders wenn diese für unterschiedliche Schweregrade inklusiv gestaltet sind. Zusätzlich sollten Angehörige in den psychologischen Therapieprozess miteingeschlossen werden, da stabile zwischenmenschliche Beziehungen einen entscheidenden Faktor in der Linderung von depressiven Symptomen und der Rehabilitation der Sprachstörung darstellen und häufig eine der größten Sorgen von Betroffenen ist, ihre Angehörigen zu belasten (Baker et al., 2019).

Literaturverzeichnis

Baker, C., Worrall, L., Rose, M., & Ryan, B. (2020). ‘It was really dark’: the experiences and preferences of people with aphasia to manage mood changes and depression. Aphasiology, 34(1), 19-46. https://doi.org/10.1080/02687038.2019.1673304

Berthier, M. L. (2005). Poststroke aphasia: epidemiology, pathophysiology and treatment. Drugs & aging, 22, 163-182. https://doi.org/10.2165/00002512-200522020-00006

Simmons-Mackie, N., Raymer, A., & Cherney, L. R. (2016). Communication partner training in aphasia: An updated systematic review. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 97(12), 2202-2221. https://doi.org/10.1016/j.apmr.2016.03.023

Marshall, C. R., Hardy, C. J., Volkmer, A., Russell, L. L., Bond, R. L., Fletcher, P. D., ... & Warren, J. D. (2018). Primary progressive aphasia: a clinical approach. Journal of Neurology, 265, 1474-1490. https://doi.org/10.1007/s00415-018-8762-6

Moss, A., & Nicholas, M. (2006). Language rehabilitation in chronic aphasia and time postonset: a review of single-subject data. Stroke, 37(12), 3043-3051. https://doi.org/10.1161/01.STR.0000249427.74970.1

Zanella, C., Laures-Gore, J., Dotson, V. M., & Belagaje, S. R. (2023). Incidence of post-stroke depression symptoms and potential risk factors in adults with aphasia in a comprehensive stroke center. Topics in Stroke Rehabilitation, 30(5), 448-458. https://doi.org/10.1080/10749357.2022.2070363

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