Cyberbullies: Warum hasst man online?

„Hässlicher Versager“, „Schlampe“, „Opfer“ – Bullies im Internet machen ihre Opfer fertig und halten sie klein. Aber wer tut so etwas? Was zeichnet einen typischen Cyberbully aus?

smartphone bullyingDer Fall von Amanda Todd, einer kanadischen Schülerin, ging 2012 groß durch die Medien. Ein Mann hatte Nacktfotos von ihr ins Internet gestellt und an MitschülerInnen verschickt. Daraufhin wurde sie jahrelang gemobbt – online und offline. In einem eindrucksvollen Video erzählt sie ihre Geschichte und bittet um Hilfe. Einen Monat nach der Veröffentlichung nahm sie sich das Leben. Eine Frage bleibt: Warum mobbt man im Internet? 

Cybermobbing (oder auch Cyberbullying) – darunter versteht man beabsichtigte, aggressive Handlungen von einer oder mehreren Personen im Internet, die sich wiederholt und über längere Zeit hinweg gegen Personen richten, die sich nur schwer dagegen wehren können (Smith et al., 2008, zitiert nach Brewer & Kerslake, 2015). Dazu gehören beispielsweise Drohungen und Beleidigungen über Textnachrichten, die Veröffentlichung von Bild- und Videomaterial, das dem Opfer schadet, oder sozialer Ausschluss (Del Rey et al., 2016). Dieses Phänomen tritt mittlerweile vermehrt in Schulen und im Arbeitskontext auf;  Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 56.2% aller Jugendlichen Opfer von Cybermobbing werden. Die Folgen für die Opfer sind teilweise drastisch: Angst, Depressionen, schlechte körperliche Gesundheit, Suizidgedanken. Den TäterInnen wiederum wurde bislang von der Forschung weniger Aufmerksamkeit geschenkt (Brewer & Kerslake, 2015). 

In einer aktuellen Metaanalyse wurden nun die Ergebnisse vergleichbarer Studien aus verschiedenen Ländern zum Thema Cybermobbing zusammengefasst und statistisch ausgewertet - das Ergebnis: Cyberbullies zeigen in der Regel vor allem geringe Empathie. Das bedeutet, dass sie wenig Mitgefühl mit anderen haben und sich nur schwer in sie hineinversetzen können (Zych, Baldry, Farrington, & Llorent, 2019). TäterInnen können die Emotionen anderer nur schlecht verstehen ( kognitive Empathie) und teilen ( affektive Empathie). Diese geringe Empathiefähigkeit zeigt sich unabhängig von Alter, Geschlecht und Nationalität (Del Rey et al., 2016). Außerdem konnte gezeigt werden, dass jugendliche Cyberbullies ein geringeres Selbstwertgefühl haben als Jugendliche, die nicht online mobben (Brewer & Kerslake, 2015). 

Das bedeutet natürlich nicht, dass jeder Mensch mit geringer Empathiefähigkeit und niedrigem Selbstwert online zum Täter oder zur Täterin wird oder, umgekehrt, dass alle Cyberbullies diese Merkmale aufweisen. Allerdings können diese Forschungsergebnisse ein Ansatzpunkt für mögliche Präventionsprogramme gegen Cybermobbing sein. Jugendliche könnten dabei für das Thema Empathie sensibilisiert und gezielt geschult werden, andere Perspektiven zu übernehmen (Brewer & Kerslake, 2015; Del Rey et al., 2016). 

 

Quellen:

Brewer, G., & Kerslake, J. (2015). Cyberbullying, self-esteem, empathy and loneliness. Computers in Human Behavior, 48, 255–260. https://doi.org/10.1016/j.chb.2015.01.073

Del Rey, R., Lazuras, L., Casas, J. A., Barkoukis, V., Ortega-Ruiz, R., & Tsorbatzoudis, H. (2016). Does empathy predict (cyber) bullying perpetration, and how do age, gender and nationality affect this relationship? Learning and Individual Differences, 45, 275–281. https://doi.org/10.1016/j.lindif.2015.11.021

Zych, I., Baldry, A. C., Farrington, D. P., & Llorent, V. J. (2019). Are children involved in cyberbullying low on empathy? A systematic review and meta-analysis of research on empathy versus different cyberbullying roles. Aggression and Violent Behavior, 45, 83–97. https://doi.org/10.1016/j.avb.2018.03.004

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