Innere Körperuhr sagt schulischen Lernerfolg voraus
Wenn der Unterricht um 7.45 Uhr beginnt, zeigen Frühaufstehende bessere Leistungen als SchülerInnen, deren natürlicher Schlafrhythmus später beginnt. Dies schlägt sich in allen Schulfächern nieder, am deutlichsten in Mathematik. Sollte die Schule erst am Nachmittag beginnen?
In der Wissenschaft spricht man von Chronotypen. Chronotypen sind Menschen, die auf Basis der tageszeitabhängigen Steuerung ihrer biologischen Uhr in verschiedene Typen eingeordnet werden können. Die biologische Uhr reguliert physische Merkmale wie Körpertemperatur, Hormonspiegel Schlaf- und Wachphasen, aber auch das Leistungsvermögen. Die beiden Hauptkategorien bilden die natürlicherweise früh aufstehenden „Lerchen“ und die natürlicherweise spät aufstehenden „Eulen“. Es gibt auch Mischkategorien wie etwa den „leichten Frühtyp“ oder den „moderaten Spättyp“. Die „Eule“ ist dabei häufiger in der Bevölkerung anzutreffen als die „Lerche“.
Der Unterricht der Sekundarstufe beginnt in der Regel früh am Morgen. In Deutschland beginnt der Unterricht in der Regel zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr (Quelle: Wikipedia). Dieser frühe Beginn des Unterrichts scheint insbesondere die früh aufstehenden „Lerchen“ zu bevorteilen. Aber spiegelt sich dies auch in den Noten der Schülerinnen und Schüler wieder?
Um diese Frage zu beantworten, führte ein argentinisches Forschungsteam eine groß angelegte Studie durch, die im Februar 2020 in der angesehenen Fachzeitschrift Nature Human Behavior veröffentlicht wurde (Goldin et al., 2020). Die Forschenden untersuchen 753 argentinische Schulkinder, welche zufällig in drei Gruppen eingeteilt wurden: Für ein Drittel der SchülerInnen begann der Unterricht um 7.45 Uhr am Morgen, für ein Drittel um 12.40 Uhr mittags, und für ein Drittel um 17.20 Uhr am Abend. Die ForscherInnen zeigten, dass in der Morgengruppe die „Lerchen“ bessere Noten erzielten als die „Eulen“ – ein Effekt, der sich in allen Lernfächern widerspiegelte. Am deutlichsten war der Unterschied zwischen „Lerchen“ und „Eulen“ im Schulfach Mathematik. In der Nachmittagsgruppe gab es keinen solchen Unterschied zwischen „Lerchen“ und „Eulen“. In der Abendgruppe zeigten die „Eulen“ bessere Ergebnisse als die „Lerchen“.
Sollte die Schule also erst am Nachmittag beginnen? In der Tat bevorzugt das momentan in Deutschland existierende Schulsystem die selteneren „Lerchen“ gegenüber den häufiger auftretenden „Eulen“ – ein Umstand, der umgangen werden könnte, wenn die Schule erst am Mittag begönne. Allerdings konnten insgesamt die besten schulischen Leistungen erzielt werden, wenn sich der Schulbeginn nach der individuellen biologischen Uhr der SchülerInnen richtete. Während „Lerchen“ am besten morgens arbeiten können, wäre für „Eulen“ ein später Schulstart von Vorteil. Eine zweite Möglichkeit, das momentan existierende Schulsystem der individuellen Chronobiologie anzupassen, wäre daher, für „Lerchen“ Schulstunden am Morgen anzubieten und diese Stunde für die „Eulen“ am Nachmittag oder Abend auszugleichen. So würde sich der Lern- und Leistungsrhythmus nach der inneren Körperuhr richten. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse bietet die aktuelle Corona- Pandemie möglicherweise nicht nur in der Arbeitswelt einen Anlass zum Umdenken - und Umstellen.
Dies hätte auch mir geholfen – als klassische „Eule“ hatte ich immer Schwierigkeiten mit dem Unterricht der frühen Morgenstunden. Auf der anderen Seite habe ich die „Lerchen“ dann abends in der Freizeit wieder eingeholt. Und wer sagt, dass man geistige Leistungsfähigkeit nur in der Schule braucht?
Quellen:
Goldin, A. P., Sigman, M., Braier, G., Golombek, D. A., & Leone, M. J. (2020). Interplay of chronotype and school timing predicts school performance. Nature Human Behaviour, 4(4), 387-396.
Unterrichtsstunde. (2020, Mai 16). Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Unterrichtsstunde&oldid=200005904.
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