„Profiling“ – spannend, aber funktioniert es?

Im legendären Spielfilm „Das Schweigen der Lämmer“ sieht sich die FBI-Anwärterin Clarice Starling Bilder von Opfern eines Serienmordes an, um ein Profil der tatbegehenden Person zu erstellen. Im Verlauf des Films stellt sich heraus, dass Starling mit ihrem Profil genau richtig gelegen hat. Aber funktioniert das auch im wahren Leben? Können ProfilerInnen die Identität von TäterInnen bestimmen?

mindmap profilingSogenannte „ProfilerInnen“ analysieren Tatorte und sammeln Informationen über Opfer, um hieraus Information über den Täter bzw. die Täterin abzuleiten. Bei der Profilerstellung eines bzw. einer solchen werden also basierend auf Merkmalen der Delikte und Tatorte Rückschlüsse auf die Persönlichkeit, das Verhalten, das Motiv, und die demografischen Merkmale der/des Tatbegehenden gezogen. Der sogenannte Modus Operandi und die Handschrift der Unrechtsperson sind hier zentral. Der Modus Operandi beschreibt das Verhalten der kriminellen Person und deren Vorgehensweise. Die Handschrift deutet auf das Bedürfnis hin, aufgrund dessen die Tat vollbracht wird. Der Modus Operandi kann hilfreich sein, um eine Serie von Gewaltverbrechen auf Grundlage des TäterInnenverhaltens miteinander zu verknüpfen. Hierbei wird das Verhaltensmuster benutzt, um Verbindungen zwischen verschiedenen Verbrechen zu finden und zwischen den Verbrechen verschiedener Tatbegehenden(gruppen) zu unterscheiden. In der Praxis werden weltweit verschieden Methoden eingesetzt, um mehrere Verbrechen einer Person zuordnen zu können, jedoch gibt es bisher keine eindeutigen Hinweise darauf, wie häufig Verbrechen der gleichen Person dadurch wirklich verknüpft werden können (Davies & Woodhams, 2019). 

In Film und Fernsehen (z. B. Criminal Minds, Mind Hunter) tragen ProfilerInnen und ihre TäterInnenprofile maßgeblich zur Lösung von Verbrechen bei. Wie ist das im richtigen Leben? In einer Studie in England wurden 184 Polizeikräfte über die Verwendung von Profilen befragt. Subjektiv empfanden die meisten PolizistInnen die Erstellung von Profilen für ihre Ermittlungen als hilfreich, jedoch führte ein Profil nur in 2,7 % der Fälle zur Ergreifung der Unrechtsperson (Copson, 1995). In einer Meta-Analyse, einer zusammenfassenden Auswertung mehrerer Studien also, wurde untersucht, wie gut ProfilerInnen im Vergleich zu anderen Gruppen (z. B. PsychologInnen und Studierenden) dazu in der Lage sind, basierend auf Merkmalen eines Verbrechens Angaben zu den Eigenschaften der/des Tatbegehenden zu machen. Zwar schnitten ProfilerInnen bei der Einschätzung der physischen Merkmale des Mörders bzw. der Mörderin etwas besser ab als andere Teilnehmende –  hinsichtlich der Kategorien ‚Gedankengänge‘, ‚Soziale Gewohnheiten‘, und ‚Vergangenheit‘ der Unrechtsperson lagen sie aber weniger häufig richtig (Snook, Eastwood, Gendreau, Goggin, & Cullen, 2007).  

Eine weitere Studie untersuchte den Nutzen von TäterInnenprofilen speziell bei Sexualstraftaten (Mokros & Alison, 2002). Es wurden 100 Sexualverbrechen untersucht, bei denen es bereits eine Verurteilung gegeben hatte. Es zeigten sich keine demographischen Ähnlichkeiten zwischen den Verurteilten (also mutmaßlichen Tatbegehenden) von ähnlichen Sexualverbrechen. Ein Profil hätte bei den polizeilichen Ermittlungen dieser Straftaten also nicht geholfen. 

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die vorliegenden Studien keine Hinweise darauf geben, dass die Merkmale einer Tat auf Eigenschaften der handelnden Person schließen lassen. Obwohl sich das Thema Profiling großer Beliebtheit erfreut, gibt es nach dem heutigen Wissensstand keine Hinweise darauf, dass Profile, die von Merkmalen der Tat ausgehen, bei der Lösung von Kriminalfällen helfen können. Gegebenenfalls erfolgversprechender sind statistische Analysen, die Auskunft über Eigenschaften von Tatbegehenden geben. Beispielsweise sind die meisten Personen, die einen Serienmord begehen, männlich, durchschnittlich intelligent, wurden in ihrer Kindheit missbraucht, haben als Kind Tiere gefoltert, verwenden selten Schusswaffen bei ihren Verbrechen und stehen bei der Tat oft unter Drogen- oder Alkoholeinfluss (Costanzo & Krauss, 2017). 

 

Quellen:

Copson, G. (1995). Coals to Newcastle: A study of offender profiling. London: Home Office.

Costanzo, M., & Krauss, D. (2017). Forensic and legal psychology. Psychological science applied to law. New York: Worth Publishers, Macmillan Learning.

Davis, K., & Woodhams, J. (2019). The practice of crime linkage: A review of the literature. Journal of investigative Psychology and Offender Profiling, 16, 169-200.

Mokros, A., & Alison, L. J. (2002). Is offender profiling possible? Testing the predicted homology of crime scene actions and background characteristics in a sample of rapists. Legal and Criminological Psychology, 7(1), 25–43.

Snook, B., Eastwood, J., Gendreau, P., Goggin, C., & Cullen, R. M. (2007). Taking stock of criminal profiling: A narrative review and meta-analysis. Criminal Justice and Behavior, 34, 437-453.

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