Warum ein Papa (noch lange) kein Mann ist – von Gender-Stereotypen und sozialen Rollen
In den letzten Jahrzehnten haben die mit Frauen in Verbindung gebrachten Gender- Stereotype einen starken Wandel erfahren – im Gegensatz zu größtenteils unveränderten und oft negativen Stereotypen über Männer. Gleichzeitig unterscheiden sich „Väter“ mehr von „Männern“ als „Mütter“ von „Frauen“. Was hat das zu bedeuten? Und wie könnte das toxische Bild von Männlichkeit korrigiert werden?
„Die nächste Phase der Frauenbewegung wird eine Männerbewegung sein“ schreibt Anne-Marie Slaughter in ihrem Buch „Was noch zu tun ist“ (2016) zum Thema Gleichstellung. Aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen werden Frauen inzwischen mit mehr traditionell typisch männlichen Attributen beschrieben – und behalten dennoch ihre Weiblichkeit bei. Für Männer gelten hingegen immer noch nur männliche Attribute; traditionell typisch weibliche Eigenschaften sucht man im stereotypen Männerbild vergeblich (Diekman & Eagly, 2000). Das heißt: Was gesellschaftlich als typisch weiblich gilt (und gelten darf), hat sich stärker verändert als die Attribute, die typischerweise mit Männern in Verbindung gebracht werden und akzeptiert sind. Die soziale Rolle von Vätern hat sich jedoch verändert. Der „neue Papa“ bringt nicht mehr wie in den 50ern nur das Geld nach Hause, sondern tröstet inzwischen auch sein Kind (Banchefsky & Park, 2016).
Das Frauenbild hat sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls insofern verändert, dass Frauen mehr im Kontext der Arbeitswelt gesehen wurden (Diekman & Eagly, 2000). Könnte das Männerbild also von einer größeren Nähe zum neuen Vaterbild profitieren? Eine Studie von Park und Banchefsky (2018) zeigt: Die stereotype Wahrnehmung von Frauen und die von Müttern in ihren sozialen Rollen ähneln sich sehr, die von Männern und Vätern jedoch nicht. In der gesellschaftlichen Wahrnehmung ähneln Väter mehr Müttern und Frauen als Männern. Demnach ist der Vater warm, unterstützend und geduldig – der Mann hingegen ist unemotional, aggressiv und unordentlich (Park & Banchefsky, 2018). Durch einen Wechsel der Perspektive auf die sozialen Rollen könnten dem stereotypen Männerbild mehr positive Eigenschaften zugeschrieben werden. Erste Experimente weisen darauf hin: Eine gesteigerte Wahrnehmung der sozialen Rolle des Mannes als Vater (im Vergleich zur Wahrnehmung von Männern in der Arbeitswelt) verändert das Männerbild – es wird breiter und schränkt weniger ein. Männer werden dadurch insgesamt positiver wahrgenommen und bewahren gleichzeitig ihre „typische“ Männlichkeit (Park & Banchefsky, 2018).
Diese Umdefinition von Maskulinität könnte Männern mehr Freiheit geben, ihre verschiedenen sozialen Rollen vielseitiger auszuleben, und außerdem einen weiteren Schritt zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft darstellen.
Quellen:
Banchefsky, S., & Park, B. (2016). The “new father”: Dynamic stereotypes of fathers. Psychology of Men and Masculinity, 17, 103-107.
Diekman, A. B., & Eagly, A. H. (2000). Stereotypes as dynamic constructs: Women and men of the past, present, and future. Personality and Social Psychology Bulletin, 26, 1171-1188.
Park, B., & Banchefsky, S. (2018). Leveraging the social role of dad to change gender stereotypes of men. Personality and Social Psychology Bulletin, 44, 1380-1394.
Slaughter, A. M. (2016). Was noch zu tun ist: Damit Frauen und Männer gleichberechtigt leben, arbeiten und Kinder erziehen können. Kiepenheuer & Witsch.
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