Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im Online-Land?
Menschen vergleichen sich mit anderen, um so zu einer Einordnung der eigenen Fähigkeiten und Meinungen zu gelangen. Wie äußert sich dieses Phänomen des sozialen Vergleichs in Zeiten der sozialen Medien?
Soziale Medien sind heute für viele Menschen, insbesondere für jüngere Generationen, ein fester Bestandteil des alltäglichen Lebens. War es bis vor Kurzem befremdlich, so schaut heute kaum noch jemand hin, wenn der/die TischnachbarIn im Restaurant sein Smartphone zückt, um das vermeintliche Kunstwerk aus Süßkartoffelpommes und Guacamole mit der Allgemeinheit zu teilen.
Doch welchen Einfluss hat es auf uns, wenn das vermeintliche Kunstwerk von einer besonders attraktiven Person – schlank, schön, erfolgreich – geteilt wird, die möglicherweise zudem berühmt ist? Aktuelle Forschung beschäftigte sich mit der Frage, wie sich das Betrachten von Bildern attraktiver und dünner Instagram-Nutzerinnen auf Stimmung und Körperwahrnehmung junger Frauen auswirkt (Brown & Tiggemann, 2016). So wurden in einem Experiment 138 jungen Studentinnen entweder Bilder weiblicher Berühmtheiten oder unbekannter Instagram-Nutzerinnen gezeigt, die zuvor von unabhängigen Ratern als attraktiv und dünn eingestuft wurden. Jeweils vor und nach dem Betrachten der Bilder wurden die Stimmung und die Zufriedenheit der Studentinnen mit ihrem eigenen Körper erfragt. Sowohl die Stimmung der jungen Studentinnen (erfragt u.a. über Ängstlichkeit und Ärger) als auch ihre Zufriedenheit mit dem eigenen Körper verschlechterte sich, nachdem sie die Bilder der attraktiven Frauen betrachtet hatten. Es machte dabei keinen Unterschied, ob die Bilder von Berühmtheiten oder von unbekannten Instagram-Nutzerinnen stammten.
Diese Ergebnisse sind auf ein wichtiges Phänomen der Sozialpsychologie zurückzuführen: den sozialen Vergleich (Festinger, 1954). Menschen haben das Bedürfnis, sich mit ihren Mitmenschen, vor allem denen, die ihnen ähneln, zu vergleichen. Sie erhoffen sich davon Informationen bezüglich ihres Selbst und ihrer Fähigkeiten. Dieser Vergleich kann sowohl positiv als auch negativ ausfallen und hat entsprechende Auswirkungen. Im diesem Fall: Sehe ich als junge Frau Bilder von gleichaltrigen, attraktiven Frauen, finde ich mich im Vergleich weniger hübsch und fühle mich daher schlechter und weniger attraktiv.
Offen bleibt die Frage, wie wir in Zeiten sozialer Medien mit den negativen Effekten des nun allgegenwärtigen und räumlich uneingeschränkten sozialen Vergleichs umgehen können.
Quellen:
Brown, Z., & Tiggemann, M. (2016).Attractive celebrity and peer images on Instagram: Effect on women’s mood and body image. Body Image, 19, 37–43. https://doi.org/10.1016/j.bodyim.2016.08.007
Festinger, L. (1954). A theory of social comparison processes. Human Relations, 7, 117-140. https://doi.org/10.1177/001872675400700202
Bildquelle:
Erik_Lucatero via Pixabay https://pixabay.com/de/photos/technologie-smartphone-telefon-3353701/
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