Kleine Schlafräuber
In einer großen, repräsentativen Studie sind Richter und KollegInnen (2019) der Frage nachgegangen, wie sich das Kinderkriegen auf Schlafdauer und Schlafzufriedenheit der Eltern auswirkt.
Jeder, der ein Baby hat oder Eltern kennt, weiß, dass Neugeborene ihren Eltern den Schlaf rauben können. Doch wie lange hält der Schlafverlust an?
Dafür haben sich Richter und KollegInnen (2019) in ihrem Artikel eine repräsentative Stichprobe aus Deutschland mit Daten von 2541 neuen Müttern und 2118 neuen Vätern angeschaut. Die Daten stammen aus jährlichen Erhebungen des “Socio-Economic Panel” (SOEP) aus den Jahren 2008 bis 2015. Sie haben dabei alle Teilnehmenden ausgesucht, die in diesen Jahren das erste, zweite oder dritte Kind bekommen haben. Über die darauffolgenden 4 - 6 Jahre wurde nachverfolgt, wie sich Schlafdauer und Schlafzufriedenheit - basierend auf eigenen Berichten - im Vergleich zu den Werten vor der Geburt veränderten.
Tatsächlich hat das Kinderkriegen einen lang anhaltenden Effekt auf die Schlafdauer und -zufriedenheit. Im ersten Jahr nach der Geburt kommt es zu einer starken Abnahme von beidem. Im Falle des ersten Kindes wurde selbst noch 6 Jahre nach der Geburt eine kürzere Schlafdauer und auch eine geringere Schlafzufriedenheit als vor der Geburt berichtet. Dieser Effekt kann sowohl bei den Müttern als auch bei den Vätern beobachtet werden. Allerdings ist die Abnahme gleich nach der Geburt bei den Vätern deutlich kleiner (- 41 Minuten bei den Müttern vs. -14 Minuten bei den Vätern). Im Durchschnitt war die Schlafdauer auch 6 Jahre nach der Geburt kürzer als vor der Geburt (-20 Minuten bei den Müttern, -14 Minuten bei den Vätern). Am stärksten war die Abnahme bei Babys, die gestillt wurden. Bei den zweiten und dritten Kindern sieht man einen ähnlichen Verlauf bezüglich der Schlafdauer bei den Eltern, aber die Schlafzufriedenheit erreicht eher wieder den Ausgangswert von vor der Geburt.
Die AutorInnen haben bei den Analysen mögliche Einflüsse des Alters der Eltern kontrolliert, da generell mit zunehmendem Alter Schlafdauer und -zufriedenheit abnehmen. Die Daten sind aber nur selbstberichtete Daten, basierend auf jeweils einer Frage. Ob objektiv der Schlaf wirklich kürzer ist, müssten weitere Studien überprüfen.
Auch wenn ‘20 Minuten weniger Schlaf pro Nacht’ nicht nach viel klingt, so sind es aufs ganze Jahr gerechnet doch über 120 Stunden Schlaf, die den Eltern fehlen.
Quelle:
Richter, D., Krämer, M. D., Tang, N. K., Montgomery-Downs, H. E., & Lemola, S. (2019). Long-term effects of pregnancy and childbirth on sleep satisfaction and duration of first-time and experienced mothers and fathers. Sleep, 42(4), zsz015
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