Achtsamkeit statt Pillen – auch während der Schwangerschaft
Die ganze Welt redet von Achtsamkeit. Doch was genau soll das sein? Und kann Achtsamkeit vielleicht auch Schwangeren helfen, besser mit Stress umzugehen?
Stress, Ängste oder Depressionen treten auch in der Schwangerschaft auf – und können ein Risiko für den Nachwuchs darstellen. Stressreduzierende und stimmungsaufhellende Medikamente können zwar der Mutter helfen, bergen jedoch möglicherweise Gefahren für das ungeborene Leben. Gibt es vielleicht sanftere Methoden, um in der Schwangerschaft stressige Situationen erfolgreich zu bewältigen, ohne das Kind dabei in Gefahr zu bringen?
Eine mögliche Lösung könnte im Konzept der Achtsamkeit liegen, welches die Aufmerksamkeitslenkung auf das Erleben im Hier und Jetzt mit neutraler, nicht-wertender Haltung bezeichnet (Kabat-Zinn, 1990). Welchen Effekt hat Achtsamkeit auf Mutter und Kind?
Dieser Frage gingen Braeken und Kollegen (2016) in einer Studie mit 156 schwangeren Frauen nach. Während der Schwangerschaft schlägt das Herz der Mutter immer schneller und kräftiger, gleichzeitig reduziert sich die Herzratenvariabilität. Auch wenn dies den normalen Verlauf widerspiegelt, können eine zu hohe Herzrate und zu geringe Herzratenvariabilität – die auch bei gestressten Personen auftreten – körperliche und psychische Risiken für Mutter und Kind bedeuten.
In der Studie unterschieden sich achtsamere und weniger achtsame Mütter im Schwangerschaftsverlauf: Bei Müttern mit geringer Achtsamkeit stieg der körperliche Mechanismus, der besonders bei Stress aktiv ist, stärker an. Bei Müttern, die höhere Achtsamkeit zeigten, sank die Herzratenvariabilität weniger stark ab. Außerdem berichteten achtsamere Mütter vor und nach der Geburt weniger emotionalen Stress und gaben an, dass ihre Kinder mit vier Monaten besser mit ihren körperlichen Bedürfnissen umgehen konnten. Dies könnte dafür sprechen, dass achtsamere Schwangere körperlich und emotional entspannter sind, was sich auch auf den Nachwuchs überträgt.
Allerdings wurde Achtsamkeit hier als ein feststehendes Persönlichkeitsmerkmal behandelt, obwohl Studien zeigen, dass man üben kann, sich achtsam zu verhalten. Achtsamkeitsübungen und -trainings könnten vielleicht für belastete Schwangere eine sinnvolle und schonendere Alternative zu Medikamenten darstellen. Diese Vermutung sollte in zukünftigen Studien überprüft werden.
Quellen:
Braeken, M., Jones, A., Otte, R., Nyklìček & van den Bergh, B. (2017). Potential benefits of mindfulness during pregnancy on maternal autonomic nervous system function and infant development. Psychophysiology, 54, 279-288.
Kabat-Zinn, J. (1990). Full catastrophe living: Using the wisdom of your body and mind to face stress, pain, and illness. New York: Dell.
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