Lebensstil-Empfehlungen zur Behandlung von Depression: Ein "neuer" therapeutischer Zugang

In den letzten Jahrzehnten sind psychische Erkrankungen – allen voran Depressionen – häufiger geworden. Leider wirken die bekannten Therapieformen nur bei einem Teil der betroffen Personen. Eine neue Studie aus Spanien zeigt, welche Maßnahmen die Wirksamkeit von Therapien steigern können.

Die Häufigkeit von depressiven Störungen steigt in der westlichen Welt. So zeigt auch der neue OECD-Gesundheitsreport (http://www.oecd.org/berlin/publikationen/health-at-a-glance.htm), dass heute Antidepressiva deutlich häufiger verschrieben werden als noch vor 10 Jahren. Im Jahr 2011 wurden in Deutschland pro 1000 Einwohner 50 Tagesdosen Antidepressiva verschrieben, während es im Jahr 2000 noch weniger als die Hälfte waren. Leider sind die beiden Hauptsäulen der Depressionstherapie – Psychotherapie und eben die Therapie mit Antidepressiva – in vielen Fällen nur unzureichend wirksam. Eine kürzlich veröffentlichte randomisierte kontrollierte Therapiestudie aus Spanien beschreitet nun "neue" Wege: Mauro Garcia-Toro Psychiater am Universitätsspital in Mallorca untersuchte mit Kollegen wie sich Lebensstil-Empfehlungen als ergänzende Behandlung neben Antidepressiva auf die Entwicklung von depressiven Symptomen auswirken. Von 80 Patienten, die unter Depressionen litten und alle mit modernen Antidepressiva behandelt wurden, erhielten 40 zusätzlich konkrete Lebensstil-Empfehlungen zu den folgenden Bereichen:

1. Schlafhygiene (z.B. das Bett nur zum Schlafen brauchen, nicht zum Fernsehen; nicht am Tag schlafen)

2. Tägliche sportliche Aktivität (täglich mindestens einen Spaziergang von 1 Stunde)

3. Sonnenlicht- Exposition (täglicher Aufenthalt im Freien von mindestens 2 Stunden; die Studie wurde auf den Balearen durchgeführt).

4. Ernährung (gesunde Ernährung, mindestens dreimal Fisch in der Woche zur Steigerung der Einnahme von Omega-3 Fettsäuren).

Diese Empfehlungen wurden ausgewählt, da es Hinweise gibt, dass sich diese Bereiche mit dem gesellschaftlichen Wandel hin zu einem modernen urbanen Lebensstil stark verändert haben. Beispielsweise haben sowohl Schlafdauer, körperliche Aktivität (vor allem im Rahmen der Erwerbsarbeit), als auch die täglich Zeitdauer, die im Freien verbracht wird, in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen.

Die Studie von Garcia-Toro zeigt, dass diese zusätzlichen Lebensstil-Empfehlungen zu einer Therapieerfolgsquote von 60% nach 6 Monaten führten, während die ausschließlich mit Antidepressiva behandelte Gruppe eine Erfolgsquote von nur 10% aufwies. Obwohl die Studie nur eine kleine Stichprobe untersuchte und Replikationen nötig sind, zeigt sich in welche Richtung therapeutische Anstrengungen zur Eindämmung von Depressionen in Zukunft gehen können: Hilfe zur Veränderung des Lebensstils in Richtung besseren Schlafes, mehr Sport und Aktivitäten im Freien, sowie gesünderer Ernährung.

Quelle:

García-Toro, M., Ibarra, O., Gili, M., Serrano, M. J., Oliván, B., Vicens, E., & Roca, M. (2012). Four hygienic-dietary recommendations as add-on treatment in depression: A randomized-controlled trial. Journal of Affective Disorders, 140(2), 200-203.