Sorry, Schatz! Wie Häufigkeit und Qualität von Entschuldigungen unsere Beziehungen formen
In romantischen Beziehungen sind Fehltritte und Verletzungen oft unausweichlich. Während einige schnell bereit sind, ihre Fehler vollumfänglich einzuräumen, verhalten sich andere zurückhaltender. Doch wie wirkt sich die Art und Weise, wie wir uns entschuldigen, auf unsere Beziehungen aus?
In Beziehungen stolpern wir oft über die Frage, wie und wie oft wir uns entschuldigen sollten*. Einige neigen dazu, sich für nahezu alles zu entschuldigen, selbst wenn es nicht nötig ist. Andere hingegen bitten nur selten um Verzeihung. Die US-amerikanischen Forscherinnen Karina Schumann, Emily G. Ritchie und Amanda Forest (2023) haben in einer von zwei Studien genauer unter die Lupe genommen, wie diese verschiedenen „Entschuldigungstypen“ in romantischen Beziehungen wahrgenommen werden und welche Reaktionen sie hervorrufen.
In ihrer Studie haben sie 300 Personen (davon 125 Männer, 172 Frauen, 3 non-binäre Personen) in festen Beziehungen befragt. Die Teilnehmenden gaben an, wie häufig sich ihre Partner:innen üblicherweise bei ihnen entschuldigen und wie qualitativ wertvoll (z.B. aufrichtig) diese Entschuldigungen sind. Auf Basis dieser beiden Kernaspekte – Häufigkeit und Qualität von Entschuldigungen – wurden zwei Hauptfragen untersucht:
Welche Auswirkungen haben Häufigkeit und Qualität von Entschuldigungen auf die Wahrnehmung bestimmter Charaktereigenschaften?
Die Teilnehmenden bewerteten ihre:n Partner:in anhand von zwei Charaktereigenschaften: Communion (Gemeinschaftlichkeit) und Agency (Handlungsfähigkeit). Communion beschreibt das Streben nach Harmonie und wird oft mit Merkmalen wie „warm“, „moralisch“ oder „ehrlich“ verbunden. Agency hingegen bezieht sich auf Durchsetzungsvermögen, Kompetenz und Selbstsicherheit. Obwohl beide Eigenschaften sehr positiv bewertet werden, gilt Communion als die wichtigste Eigenschaft, anhand derer wir andere Personen beurteilen (Abele & Bruckmüller, 2011).
Die Ergebnisse für die erste Frage zeigten, dass häufige und qualitativ hochwertige Entschuldigungen die Wahrnehmung von Communion-Eigenschaften verstärken. Hinsichtlich Agency waren die Ergebnisse etwas komplizierter: Lediglich die Kombination aus häufigen, aber gering-qualitativen Entschuldigungen verringerte die Wahrnehmung von Agency-Eigenschaften. Eine hohe Qualität von Entschuldigungen ging hingegen stets mit einer höheren Wahrnehmung von Agency einher, unabhängig davon, wie häufig sich der Partner oder die Partnerin in der Regel entschuldigte.
Wie beeinflussen Häufigkeit und Qualität von Entschuldigungen die Reaktion auf eine spezifische ausbleibende oder qualitativ unterschiedliche Bitte um Verzeihung?
Die Teilnehmenden lasen ein fiktives Szenario, in dem sich ihr:e Partner:in vor anderen Personen über ihre Ansichten zu einem sensiblen Thema lustig machte. Anschließend wurde ihnen per Zufall eines von drei möglichen Anschlussszenarien präsentiert: entweder erfolgte keine Entschuldigung, eine oberflächliche Entschuldigung (beispielsweise kurzgefasst und ohne jegliche Begründung) oder eine aufrichtige, tiefgründige Entschuldigung (inklusive detaillierter Erklärungen, dem Versprechen, den Fehler nicht zu wiederholen, und einem ausgedrückten Verständnis für die verursachte Verletzung). Daraufhin beurteilten sie, wie sehr sie sich durch diese Entschuldigung umsorgt fühlten, wie zufrieden sie damit waren und inwieweit sie bereit waren, die Beziehung wieder zu reparieren.
Die Reaktionen zeigten, dass jene Teilnehmenden, die nach eigener Aussage von ihren Partner:innen generell qualitativ wertvolle Entschuldigungen erhielten, auch eine einmalige oberflächliche Entschuldigung positiver auffassten. Eine ausbleibende Entschuldigung wurde jedoch durchweg kritisch gesehen, unabhängig von der typischen Entschuldigungsqualität des Partners bzw. der Partnerin. Überraschenderweise hatte die generelle Häufigkeit von Entschuldigungen aber keinen Einfluss auf die Reaktionen auf eine spezifische Entschuldigung.
Was bedeutet das für unsere Beziehungen?
Häufig um Verzeihung zu bitten, kann dazu beitragen, dass wir von unserer Partnerin oder unserem Partner als wärmer und mehr auf Harmonie bedacht wahrgenommen werden. Diese Wahrnehmung wiederum verbessert die Chance auf positive Reaktionen auf unsere Entschuldigungen. Damit häufige Entschuldigungen jedoch nicht den Eindruck der eigenen Autonomie und Kompetenz schwächen, ist es entscheidend, dass unsere Bitten um Verzeihung eine hohe Qualität haben. Indem wir auf beides achten – Häufigkeit und Qualität – können wir unsere Beziehungen nach einem Fehltritt somit nicht nur reparieren, sondern noch weiter stärken. Dennoch gilt natürlich: Am besten ist es, Fehltritte möglichst zu vermeiden.
*Streng genommen kann man sich nicht «entschuldigen», da nur die betroffene Person den Fehltritt vergeben und somit die Schuld nehmen kann. Eine korrektere Formulierung wäre daher «um Verzeihung bitten». Da sich der Begriff der «Entschuldigung» im allgemeinen Sprachgebrauch jedoch fest etabliert hat und um diesen Beitrag sprachlich zu vereinfachen, habe ich diese Feinheit außer Acht gelassen.
Literaturverzeichnis
Abele, A. E., & Bruckmüller, S. (2011). The bigger one of the “big two”? Preferential processing of communal information. Journal of Experimental Social Psychology, 47(5), 935–948. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2011.03.028
Schumann, K., Ritchie, E. G., & Forest, A. (2023). The social consequences of frequent versus infrequent apologizing. Personality and Social Psychology Bulletin, 49(3), 331-343. https://doi.org/10.1177/01461672211065286
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