Wenn Sie es als Geschichte verpacken, glaubt man Ihnen alles!
Menschen lassen sich die unglaublichsten Dinge einreden, wenn man sie ihnen als Teil einer Geschichte präsentiert. Wenn wir Geschichten hören, lesen oder sehen, lassen wir offenbar alle kritische Prüfung beiseite.
Sie glauben ja hoffentlich nicht, dass Sonnenstrahlen gut sind für die Haut, oder dass man sich an psychischen Krankheiten anstecken kann. Jedenfalls lösen solche Behauptungen normalerweise Skepsis aus. Diese Skepsis allerdings ist deutlich herabgesetzt, wenn die (falschen) Aussagen in eine Geschichte eingewoben sind. Statt dessen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Informationen aus der Geschichte in Ihr Weltbild integrieren und sie bei zukünftigen Gelegenheiten nutzen - egal ob sie falsch sind oder nicht (Appel & Richter, 2007; Marsh, Meade & Roediger, 2003).
Die Geschichtenform macht uns beeinflussbar. Ein Grund dafür ist, dass Skepsis keine angemessene Rezeptionshaltung ist für eine Geschichte. Man mag zwar bezweifeln, dass man Menschen von einem Raumschiff auf einen Planeten beamen kann, aber wenn man sich die Episoden von Star Trek anschaut, nimmt man dies für die Dauer der Erzählung vernünftigerweise hin. Wer hier allzu sehr auf der physikalischen Machbarkeit beharrt, hat vermutlich wesentliche Elemente der Erzählkultur nicht verstanden – zumindest aber lässt er sich nicht auf die Geschichte ein.
Allerdings ist es eben umgekehrt auch genau dieses "Einlassen" auf die Geschichte, das uns beeinflussbar macht. So erklärt sich zum Beispiel auch der folgende Befund: Fazio und Marsh (2008) präsentierten ihren Probanden fiktionale Texte, die eine Reihe von offensichtlich falschen Behauptungen enthielten. Die vorherige Warnung, dass die Geschichten sachliche Fehler enthalten, verringerte den Effekt dieser Falschinformationen nicht: Stets wurden die Rezipienten durch die Geschichte beeinflusst, etwas Falsches für wahr zu halten. In einer anderen experimentellen verringerten die Forscher allerdings das Darbietungstempo. Diese Manipulation führt üblicherweise dazu, dass sich Probanden weniger von falschen Inhalten beeinflussen lassen – vermutlich weil sie die gewonnene Zeit nun in eine kritischere Prüfung der Inhalte investieren. Werden die falschen Inhalte jedoch in eine Geschichte eingebettet, übernehmen die Rezipienten nicht etwa weniger, sondern mehr falsche Inhalte aus der Geschichte. Dies lässt sich damit erklären, dass Geschichten – wenn man sie als Geschichten rezipiert – keine Skepsis auslösen. Ohne kritische Haltung aber verbessert die Verlangsamung die Bedingungen für das Eintauchen in die Geschichte und damit auch für das Encodieren falscher Informationen. Erst wenn Probanden gebeten wurden, von den Inhalten Satz für Satz zu entscheiden, ob sie korrekt oder falsch sind, verringerte sich die Beeinflussbarkeit.
Quellen:
Appel, M. (2007). Persuasion durch Fiktionen: Kurz- und mittelfristige Wirkungen auf stereotype Überzeugungen. In S. Trepte & E. Witte (Eds.), Sozialpsychologie und Medien: Von Persuasion bis CMC (pp. 60-80). Berlin: Pabst.
Fazio, L. K., & Marsh, E. J. (2008). Slowing presentation speed increases illusions of knowledge. Psychonomic Bulletin & Review, 15, 180-185.
Marsh, E. J., Maede, M. L., & Roediger Ill, H. L. (2003). Learning facts from fiction. Journal of Memory and Language, 4, 519-536.
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