Kinderleicht laufend zum Sieg - Wenn fußballspielende Roboter gewinnen, weil sie sich wie Kinder bewegen
Beobachtet man, wie kleine Kinder gehen oder laufen, sieht das häufig eher wackelig und wenig zielstrebig aus. Kommt ihnen diese Bewegungsvariabilität aber vielleicht auch zugute, weil sie sich besser an Umweltbedingungen anpassen können? Mithilfe von fußballspielenden Robotern, die metaphorisch gesprochen „in Kinderschuhe“ gesteckt wurden, untersuchten WissenschaftlerInnen ob es sich bei der hohen Bewegungsvariabilität junger Kinder um „bug“ oder „feature“ handelt.
Allgemein sind menschliche Bewegungen sehr variabel und diese Variabilität ist für eine funktionale Motorik relevant. Gesunde Erwachsene passen ihre Bewegungen in der Regel automatisch an sich verändernde Gegebenheiten des Körpers, der Umgebung oder der Aufgabe an. Wenn man sich beispielsweise den Fuß umgeknickt hat und dieser schmerzt, belastet man den anderen Fuß mehr; wenn es auf der Straße glatt ist, geht man langsamer, und wenn man sich zur Aufgabe macht, nicht auf die Fugen von Bodenplatten zu treten, reguliert man seine Schrittlänge entsprechend. Der Frage, ob die höchstvariablen Bewegungs- und Laufmuster bei Kleinkindern auch funktional und vorteilhaft oder eher ein Ausdruck von unsicherem Gehen sind, gingen Ori Ossmy und KollegInnen (2018) in zwei innvoativen Experimenten nach.
Dazu kombinierten die WissenschaftlerInnen entwicklungspsychologische Methoden und Methoden der Robotik. Konkret zeichneten sie in einer natürlichen, im Labor nachgestellten Spielsituation die Laufwege von Kindern auf. Diese kinematischen Daten nutzten sie in einem zweiten Schritt, um simulierte Roboter mithilfe dieser Daten zu trainieren. Während eine Gruppe von Robotern basierend auf den Laufwegen der Kinder programmiert wurde, wurden andere Roboter-Gruppen mit geometrischen Linien (Bsp.: Kreise, gerade Linien) gefüttert. Die motorische Leistung der Roboter wurde in einem darauffolgenden simulierten Fußballturnier (RoboCup), in dem die beiden Teams gegeneinander antraten, überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gruppe, die mit Laufwegen der Kinder trainiert wurde, mit Abstand am erfolgreichsten war und Erste im Turniers wurde. In einem zweiten Experiment wurden erneut zwei Gruppen von Robotern verglichen. Diesmal wurde eine Gruppe mit den variabelsten Laufwegen der Kinder und die andere Gruppe mit den am wenigsten variablen Laufwegen programmiert. Erneut zeigten die Ergebnisse des simulierten Fußballturniers, dass höhere Variabilität häufiger zum Sieg führt. Dadurch konnten die ForscherInnen auf beeindruckende Art und Weise zeigen, dass Variabilität im Laufe der Entwicklung „feature“ und nicht „bug“ ist, d.h. relevant, um funktionale Laufleistung zu entwickeln.
Anhand der dargestellten Ergebnisse wird nicht nur die Bedeutung von Variabilität für motorisches Lernen und folglich auch für variables Trainieren aufgezeigt - es wird auch das Potential deutlich, welches aus den Synergien von Robotik und psychologischen Forschungsfeldern wie der Entwicklungspsychologie oder auch der Sportpsychologie erwächst – hier am Beispiel des motorischen Lernens verdeutlicht. Daher sollte man vielleicht öfter einmal Roboter „in Kinderschuhe“ (oder vielleicht auch Sportschuhe) stecken.
Quelle:
Ossmy, O., Hoch, J. E., MacAlpine, P., Hasan, S., Stone, P., & Adolph, K. E. (2018). Variety wins: Soccer-playing robots and infant walking. Frontiers in Neurorobotics, 12(MAY), 1–12. http://doi.org/10.3389/fnbot.2018.00019
Bildquelle:
Ann Wuyts via Flickr (2015): https://www.flickr.com/photos/vintagedept/21540115539/
CC: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode
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