Drogen, Trauma, Drogentrauma – Wie hängen traumatische Erlebnisse und problematischer Drogenkonsum zusammen?
Jugendliche, die unter einer Drogenabhängigkeit leiden, haben oft auch eine schwere Vergangenheit mit traumatischen Erfahrungen. Doch wie hängen Trauma und Abhängigkeit zusammen? Was hat es für Konsequenzen, wenn man mit beiden Problemen gleichzeitig kämpfen muss?
Viele Jugendliche haben schon einmal Drogen genommen, meistens solche Substanzen, die für Erwachsene legal sind (Alkohol und Tabak), aber auch z.B. Cannabis, Amphetamin oder Ecstasy. Der Drogenkonsum wird ausprobiert, exploriert und meistens wieder verworfen. Doch manchmal entwickeln Jugendliche, die Drogen nehmen, problematische Konsummuster, die dann in einer Abhängigkeit enden. Viele Jugendliche, die eine Abhängigkeit entwickelt haben, haben gleichzeitig noch andere psychische Probleme wie z.B. eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Unsere Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Dresden wollte herausfinden, inwiefern sich diese beiden Störungen (Abhängigkeit u. PTBS) gegenseitig beeinflussen (Basedow et al., 2020). Also haben wir Jugendlichen aus unserer Spezialambulanz für Suchterkrankungen im Jugendalter zwei Fragebögen gegeben – einen, der Details über PTBS erfragt, und einen, der misst, wie intensiv die vorhandene Abhängigkeit ist.
Durch unsere Befragung haben wir einige interessante Dinge herausgefunden: 1) Jugendliche mit einer Abhängigkeit hatten 5-mal so häufig traumatische Erlebnisse erfahren (Gewalt, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung, o.ä.) und 3-mal so häufig eine PTBS wie Jugendliche ohne Probleme mit Drogenkonsum. 2) Jugendliche mit einer PTBS waren stärker abhängig als Jugendliche ohne PTBS – unabhängig davon, ob sie traumatische Erlebnisse erlitten hatten oder nicht. 3) Je stärker die Abhängigkeit bei Jugendlichen ausgeprägt war, desto mehr PTBS-Symptome haben sie auch gezeigt.
Einerseits haben wir also bestätigt, dass auch die Jugendlichen mit Drogenproblemen, die wir in unserer klinischen Arbeit sehen, sehr häufig traumatische Erlebnisse gehabt und oft auch eine PTBS haben. Zudem haben wir gezeigt, dass die Abhängigkeitssymptomatik stärker ausgeprägt ist, wenn ein Jugendlicher eine PTBS hat. Es scheint also, als würden sich die beiden Störungen (Abhängigkeit vs. PTBS) gegenseitig aufbauschen, sodass man als Betroffene(r) stärker leidet, wenn man beide Störungen hat. Dies ist wichtig für die klinische Arbeit, damit die behandelten TherapeutInnen wissen, auf welche Dinge sie achten müssen, wenn sie Jugendliche mit Abhängigkeiten oder einer PTBS behandeln.
Eine wichtige Frage bleibt jedoch weiterhin offen: Welche der beiden Störungen kommt zuerst? Erleben Jugendliche traumatische Dinge, entwickeln eine PTBS, und fangen dann an, einen problematischen Drogenkonsum zu entwickeln? Oder entwickeln Jugendliche erst eine Abhängigkeit und sind daraufhin Situationen ausgesetzt, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, traumatische Erlebnisse zu haben? Diese wichtigen Fragen bezüglich der zeitlichen Zusammenhänge gilt es in weiterer Forschungsarbeit zu entschlüsseln!
Quelle:
Basedow, L. A., Kuitunen-Paul, S., Roessner, V., & Golub, Y. (2020). Traumatic events and substance use disorders in adolescents. Frontiers in Psychiatry, 11. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2020.00559
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