Waldbaden fürs Wohlbefinden
Viele Menschen haben in der Coronapandemie das Spazierengehen für sich entdeckt: Fast jede(r) zweite Befragte gab bei einer Umfrage der AOK Rheinland/Hamburg (2021) an, seit Beginn der Pandemie mehr spazieren zu gehen als früher. Dass es gesünder ist, sich an der frischen Luft zu bewegen, als auf dem Sofa zu sitzen, liegt auf der Hand. Die positiven Effekte eines Spaziergangs sind eventuell aber nicht nur auf die Bewegung zurückzuführen. Zeit in der Natur zu verbringen – vor allem in Wäldern – soll sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirken. Aber was ist wirklich dran an den positiven Effekten des Waldbadens?
Der Trend des Waldbadens stammt aus Japan. Beim sogenannten Shinrin-Yoku sollen Menschen dazu angeregt werden, die Umgebung und die Atmosphäre des Waldes bewusst wahrzunehmen, beispielsweise bei einem Spaziergang oder auch bei einer Yoga-Session. Eine kürzlich publizierte Metaanalyse, die die Ergebnisse von zwölf randomisiert-kontrollierten Studien quantitativ zusammenfasst, konnte eine leichte Reduktion von depressiven Symptomen durch das Waldbaden nachweisen. Bezüglich Angststörungen oder Wut zeigte die Metaanalyse allerdings keine signifikanten Effekte (Kotera et al., 2020).
Ist dieser positive Effekt des Waldbadens tatsächlich auf den Aufenthalt in der Natur zurückzuführen – oder liegt er einfach darin begründet, dass man sich körperlich betätigen muss, um zum Wald zu kommen? Dass körperliche Aktivität vor der Entstehung von Depressionen schützen kann, wurde schließlich schon mehrfach belegt (Schuch et al., 2018). Wie eine weitere aktuelle Metaanalyse zeigt, trägt körperliche Aktivität durchaus zur positiven Wirkung des Waldbadens bei. Ganz erklären kann sie den Zusammenhang zwischen Zeit, die in der Natur verbracht wird, und psychischem Wohlbefinden allerdings nicht. Sie zeigt jedoch eine weitere mögliche Erklärung auf: Ein Aufenthalt in der Natur senkt auch das Stresslevel, was ebenfalls mit erhöhtem psychischen Wohlbefinden assoziiert ist (Zhang et al., 2021).
Die wohltuende Wirkung des Waldes ist vermutlich in seinen verschiedenen sensorischen Eigenschaften begründet (Shanahan et al., 2016). Im Wald sind wir weniger visuellen und auditiven Reizen ausgesetzt: Die Umgebung ist vergleichsweise monoton und es ist angenehm still. Im Vergleich zu einer belebten Straße in der Stadt gibt es also deutlich weniger mögliche Auslöser für eine Stressreaktion. Außerdem ist es vor allem im Sommer schattig und kühl, was im wahrsten Sinne des Wortes für eine angenehme Atmosphäre sorgt.
Egal, ob ihr also joggt oder lieber einfach nur eine Runde spazieren geht: Wer nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist bzw. der Seele etwas Gutes tun möchte, sollte den nächstgelegenen Wald ausfindig machen.
Quellen:
AOK Rheinland/Hamburg (2021). Presseinformation: Fast jeder zweite Deutsche geht in der Corina-Zeit häufiger spazieren. AOK Rheinland/Hamburg.
Kotera, Y., Richardson, M., & Sheffield, D. (2020). Effects of shinrin-yoku (forest bathing) and nature therapy on mental health: A systematic review and meta-analysis. International Journal of Mental Health and Addiction, 1-25. https://doi.org/10.1007/s11469-020-00363-4
Schuch, F. B., Vancampfort, D., Firth, J., Rosenbaum, S., Ward, P. B., Silva, E. S., ... & Stubbs, B. (2018). Physical activity and incident depression: a meta-analysis of prospective cohort studies. American Journal of Psychiatry, 175(7), 631-648. https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2018.17111194
Shanahan, D. F., Bush, R., Gaston, K. J., Lin, B. B., Dean, J., Barber, E., & Fuller, R. A. (2016). Health benefits from nature experiences depend on dose. Scientific Reports, 6, 28551. https://doi.org/10.1038/srep28551
Zhang, R., Zhang, C. Q., & Rhodes, R. E. (2021). The pathways linking objectively-measured greenspace exposure and mental health: A systematic review of observational studies. Environmental Research, 198, 111233. https://doi.org/10.1016/j.envres.2021.111233
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