Geruch der Tugend: Wie uns ein frischer Duft zu moralischem Handeln verleitet

Ein bestimmter Geruch kann uns gedanklich schlagartig in eine lange zurückliegende und längst vergessene Situation versetzen. Gerüche beeinflussen aber nicht nur Erinnerungen und Gefühle, sondern verändern auch unser Verhalten. Beispielsweise führt ein frischer Zitrusduft dazu, dass unserem Gedächtnis Dinge, die mit Putzen assoziiert werden, schneller zugänglich sind und wir dadurch unseren Essplatz sauberer halten (Holland et al., 2005). Liljenquist und Kollegen (2010) gingen noch einen Schritt weiter. Das Forscherteam untersuchte, ob ein frischer Duft auch zu Verhaltensweisen führt, die symbolisch mit einer „sauberen Weste“ assoziiert werdendamit sind hier die Erwiderung von Vertrauen und Wohltätigkeit gemeint.

Bild 1: Eine Frau riecht an einer BlumeBild 1: Eine Frau riecht an einer BlumeIn einem ersten Experiment untersuchte das amerikanische Forscherteam, wie sich ein frischer Geruch auf die Erwiderung von Vertrauen auswirkt. 28 Versuchspersonen wurden entweder in einen nach Zitrus duftenden oder in einen neutral riechenden Raum gebeten. Alle Versuchspersonen sollten an einem Vertrauensspiel teilnehmen. Das Spiel beinhaltet eine(n) SenderIn und eine(n) EmpfängerIn. Der/Die SenderIn erhält Geld, das er/sie entweder behalten oder gemeinsam mit dem/der EmpfängerIn investieren kann. Jede Summe, die der/die EmpfängerIn erhält, wird verdreifacht. Würde der/die SenderIn also den gesamten Betrag weitergeben und der/die EmpfängerIn dieses Vertrauen erwidern, indem er/sie die Hälfte des Geldes zurückgibt, so würden beide Parteien einen Gewinn erzielen. Für den/die  SenderIn birgt die Entscheidung, das Geld weiterzugeben, jedoch auch ein Risiko, da er/sie sich nicht sicher sein kann, wie viel der/die EmpfängerIn zurückgibt. Im schlechtesten Fall behält der/die EmpfängerIn das gesamte Geld, und der/die SenderIn geht leer aus. Im Fall des Experiments wurde allen Versuchspersonen gesagt, sie seien zufällig der Rolle der/des Empfangenden zugelost worden und der/die SenderIn habe entschieden, den gesamten Betrag von $4 weiterzugeben. Die Summe wurde gemäß den Spielregeln auf $12 verdreifacht, und die Versuchsperson musste nun entscheiden, wieviel Geld sie dem/der SenderIn zurückgeben wolle. Wie von den ForscherInnen vorhergesagt, gaben die Versuchspersonen, die sich im nach Zitrus duftenden Raum befanden, im Durchschnitt höhere Beträge an den/die SenderIn zurück als diejenigen, die im neutral duftenden Raum saßen.

In einem zweiten Experiment untersuchte das Forscherteam, ob ein frischer Geruch einen weiteren Aspekt moralischen Verhaltens beeinflusst und zwar Wohltätigkeit. Die Rahmenbedingungen waren dieselben: 99 Studierende wurden entweder in einen nach Zitrus duftenden oder in einen neutral riechenden Raum gebeten. Dort sollten sie eine Reihe unzusammenhängender Aufgaben bearbeiten. Ein Aufgabenpaket beinhaltete Flyer, mit deren Hilfe ehrenamtliche Mitglieder für eine Nonprofit-Organisation gesucht wurden. Die Versuchspersonen sollten angeben, wie interessiert sie an einer ehrenamtlichen Mitgliedschaft seien, welche Tätigkeiten sie übernehmen würden und ob sie etwas spenden wollten. Auch hier bestätigte sich das von Liljenquist und Kollegen vorhergesagte Muster: Die Versuchspersonen im nach Zitrus duftenden Raum waren eher interessiert an der ehrenamtlichen Tätigkeit als die im neutral duftenden Raum. Zudem zeigten sie eine höhere Spendenbereitschaft.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass ein frischer Geruch nicht nur zu reinlichem Verhalten motiviert, sondern auch zu moralischem Handeln verleitet. Frische Geruchsreize lösen folglich Verhaltensweisen aus, die auf einer symbolischen Ebene mit Reinheit in Verbindung gebracht werden so wie in der Studie etwa die Erwiderung von Vertrauen oder Wohltätigkeit. Die AutorInnen vermuten, dass es sich dabei um einen unbewussten Prozess handle. In keinem der beiden Experimente gab es Versuchspersonen, die in einem der anschließend zu bearbeitenden Fragebögen über die bewusste Wahrnehmung von Gerüchen berichteten. Im zweiten Experiment wurde zusätzlich nach der wahrgenommenen Sauberkeit des Raumes gefragt. Auch hier unterschieden sich die beiden Gruppen nicht. Unsere Take-Home-Message also: Wenn Sie eine Person zu moralischem Verhalten motivieren möchten, greifen Sie doch einmal zu Ihrem Febreze-Raumspray und sprühen Sie etwas frischen Duft in die Luft. Es wirkt!

Literaturverzeichnis:

Liljenquist, K., Zhong, C. B., & Galinsky, A. D. (2010). The smell of virtue: Clean scents promote reciprocity and charity. Psychological Science, 21(3), 381-383.

Holland, R.W., Hendriks, M., & Aarts, H. (2005). Smells like clean spirit: Nonconscious effects of scent on cognition and behavior. Psychological Science, 16, 689–693.

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Bild 1: Ruslan Zh via Unsplash , CC

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